Inspiriert von Ideen aus der Thermodynamik haben Forscher der Universität Rostock und der University of Southern California eine neue Methode entwickelt, um hochenergetische Laserstrahlen effizient zu formen und zu kombinieren. Ihre Ergebnisse wurden am 15. Januar 2025 online in der renommierten Zeitschrift “Nature Physics” veröffentlicht.
Gemeinsame Geschichte: Licht und Thermodynamik
Seit prähistorischen Zeiten, als die Menschen das Feuer zähmten, um gefährliche Raubtiere fernzuhalten und sonst dunkle Behausungen zu beleuchten, sind Licht und Wärme unsere ständigen Begleiter. Die Fähigkeit, das Feuer als Quelle beider zu kontrollieren, führte die Menschheit von ihren bescheidenen Anfängen zu den ersten Schritten auf anderen Himmelskörpern. Licht war ein sehr nützliches Nebenprodukt der Wärme und konnte sie auch übertragen. „Kinder erkennen schnell, dass eine Kerzenflamme nichts ist, was man berühren sollte. Ebenso müssen experimentelle Physiker lernen, ihre Finger von Laserstrahlen fernzuhalten“, scherzt Professor Alexander Szameit von der Universität Rostock. Die Verbindungen zwischen Thermodynamik und Optik sind tiefgründiger, als es auf den ersten Blick scheint. Professor Demetrios Christodoulides und sein Team an der University of Southern California in Los Angeles haben kürzlich gezeigt, dass dieselben Gesetze, die das Zusammenspiel von Temperatur, Druck und Volumen in Gasen beschreiben, auch für die Ausbreitung hochenergetischer Laserstrahlen in komplexen Medien gelten.
Was macht den Joule-Thomson-Ausdehnungsprozess so besonders?
Einer der bekanntesten Prozesse in der Thermodynamik ist die sogenannte Joule-Thomson-Ausdehnung. Dr. Matthias Heinrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Szameits Gruppe, erklärt: „Stellen Sie sich eine Sprühdose vor. Sobald das Gas, das zuvor bei Raumtemperatur unter hohem Druck eingeschlossen war, die Öffnung verlässt, kann es sich frei ausbreiten. Es dehnt sich schnell aus, bis der Umgebungsdruck erreicht ist, und kühlt dabei stark ab.“ Auf mikroskopischer Ebene führen die Wechselwirkungen der Gasteilchen miteinander zu einer irreversiblen Energieumwandlung. Sobald es sich ausgedehnt und abgekühlt hat, verhindert die Entropie, dass das Gas in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehrt.
In enger Zusammenarbeit mit Kollegen in Los Angeles und Orlando konnten die Rostocker Forscher diesen Prozess für intensive Laserstrahlung umsetzen. Obwohl sich Lichtstrahlen normalerweise ohne Wechselwirkung kreuzen, kann hohe Intensität zu momentanen Veränderungen des Mediums führen. In diesem Fall ist mehr Licht nicht nur heller, sondern verhält sich auch qualitativ anders. „Diese Nichtlinearität kann, auf sehr abstrakte Weise, als Gegenstück zur Wechselwirkung von Gasteilchen verstanden werden. Die Effekte sind jedoch äußerst greifbar“, sagt der Erstautor Marco Kirsch und beschreibt den Ausgangspunkt seiner Forschung. Was die Wissenschaftler als ‚Temperatur‘ des Strahls interpretieren, hat jedoch nichts damit zu tun, wie ‚warm‘ er sich anfühlen würde, sondern beschreibt seine Form. Kirsch fügt hinzu: „Indem eine ungeordnete Lichtverteilung beispielsweise in ein größeres System wie eine mehrkernige Glasfaser ‚expandieren‘ darf, entsteht durch das damit verbundene ‚Abkühlen‘ ein sauberes Strahlprofil ohne äußere Intervention.“ Auf diese Weise könnten selbst nicht perfekt abgestimmte Strahlen mehrerer Laser zu einem gemeinsamen Strahl ohne signifikante Energieverluste kombiniert werden – ein Durchbruch, der eine der größten Herausforderungen beim Bau zunehmend leistungsstärkerer Laser lösen kann.
Licht am Ende des Tunnels…
Diese erfolgreiche internationale Zusammenarbeit hat das noch junge Feld der optischen Thermodynamik erheblich vorangebracht. Auch wenn es möglicherweise noch einige Zeit dauern wird, bis diese Erkenntnisse in industrielle Anwendungen umgesetzt werden, weist die jüngste Entdeckung der Physiker den Weg zu innovativen Konzepten, von der photonischen Entsprechung von Wärmekraftmaschinen bis hin zu Wärmepumpen für Licht.
Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung gefördert.
Expertenkontakt
Prof. Alexander Szameit
Universität Rostock
Institut für Physik
AG Experimentelle Festkörperoptik
E-Mail: alexander.szameit@uni-rostock.de
Telefonnummer: +49 381 498-6790
Originalveröffentlichung
Marco S. Kirsch, Georgios G. Pyrialakos, Richard Altenkirch, Mahmoud A. Selim, Julius Beck, Tom A. W. Wolterink, Huizhong Ren, Pawel S. Jung, Mercedeh Khajavikhan, Alexander Szameit, Matthias Heinrich & Demetrios N. Christodoulides
Zeitschrift: Nature Physics
Artikel Titel: Observation of Joule–Thomson photon-gas expansion
Artikel Veröffentlichungsdatum: 14. Januar 2025
DOI: https://doi.org/10.1038/s41567-024-02736-1
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