Eine weibliche Assamese-Makak (Macaca assamensis) mit ihrem Jungtier im Phu Khieo Wildlife Sanctuary, Thailand. Bildnachweis: Thawat Wisate
Langzeitstudie an wilden Affen in Thailand zeigt Gesundheitsrisiken und Möglichkeiten für Interventionen auf
Die Stresshormonspiegel der Mutter während der frühen Schwangerschaft können das Stresssystem der Nachkommen dauerhaft beeinflussen. Die Ergebnisse einer Langzeitstudie an wilden Assam-Makaken in Thailand deuten darauf hin, dass mütterlicher Stress in der ersten Hälfte der Schwangerschaft besonders relevant ist. Erhöhte Stresshormone später in der Schwangerschaft oder nach der Geburt hatten nicht die gleichen Auswirkungen. Die von der Universität Göttingen und dem Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung durchgeführte Langzeitstudie liefert wichtige Erkenntnisse über den Einfluss früher Lebensphasen auf die Entwicklung des Stresssystems unter natürlichen Umweltbedingungen (Proceedings of the Royal Society B).
Einfluss sehr früher Lebensphasen
Das Forschungsteam untersuchte, wie mütterlicher Stress das Stresshormonsystem der Nachkommen beeinflusst. Sie stellten fest, dass die Aktivierung der hypothalamus-hypophysen-adrenalen (HPA)-Achse, die eine zentrale Rolle bei der Stressbewältigung spielt, durch die Exposition gegenüber mütterlichen Glukokortikoiden während der Entwicklung erheblich beeinflusst werden kann. Die frühe Phase der Organentwicklung in der ersten Hälfte der Schwangerschaft erwies sich als besonders kritische Periode. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die HPA-Achsen-Aktivität der Nachkommen umso stärker war, je mehr Widrigkeiten sie während der frühen Schwangerschaft erlebt hatten – was zum Beispiel Nahrungsmittelknappheit oder soziale Konflikte sein könnten“, sagt Simone Anzá, ehemalige Doktorandin an der Universität Göttingen und dem Deutschen Primatenzentrum sowie Erstautorin der Studie.
Untersuchung in freier Wildbahn
Im Gegensatz zu Studien im Labor wurden die Affen in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet. Über einen Zeitraum von neun Jahren sammelten die Forscher wiederholt Kotproben von schwangeren Weibchen und maßen die Konzentration von Glukokortikoidmetaboliten darin, um die Exposition der Tiere gegenüber Umweltfaktoren wie Nahrungsmittelknappheit, Temperaturschwankungen und sozialen Interaktionen zu bestimmen. Diese Werte wurden mit den Stresshormonspiegeln der Nachkommen in verschiedenen Altersstufen verglichen. Die Auswirkungen auf die Stressachse der Nachkommen waren von der Kindheit über die Jugendzeit bis ins Erwachsenenalter im Alter von neun bis zehn Jahren deutlich sichtbar. Frühere Analysen derselben Studie hatten bereits gezeigt, dass früher pränataler Stress auch mit verändertem Wachstum, negativen Veränderungen im Darmmikrobiom und beeinträchtigter Immunfunktion verbunden war, was den umfassenden Einfluss der Umwelt in der frühen pränatalen Phase auf verschiedene physiologische Systeme unterstreicht. Im Gegensatz dazu hatten mütterliche Glukokortikoidspiegel in der späten Schwangerschaft oder während der Laktation keine oder andere Einflüsse.
Relevanz für die Gesundheitsforschung
PD Dr. Oliver Schülke, Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Soziale Evolution der Primaten am Deutschen Primatenzentrum und Leiter der Studie. Bildnachweis: Karin Tilch
„Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass der Zeitpunkt der Exposition gegenüber mütterlichen Stresshormonen während und nach der Schwangerschaft die Konsequenzen für die Entwicklung und Gesundheit der Nachkommen entscheidend beeinflusst. Es ist auch wichtig zu beachten, dass diese Effekte keine katastrophalen Ereignisse erfordern, sondern dass bereits moderate Veränderungen der Umweltbedingungen ausreichen“, sagt Oliver Schülke, Wissenschaftler an der Universität Göttingen und dem Deutschen Primatenzentrum sowie Leiter der Studie. Stress in der frühen Schwangerschaft kann auch langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen haben und das Risiko für Stressstörungen und Immunprobleme erhöhen. „Unsere Erkenntnisse können dazu beitragen, den Zeitpunkt und die Mechanismen zu identifizieren, auf die präventive Maßnahmen abzielen sollten, um langfristige Gesundheitsrisiken zu verringern“, sagt Oliver Schülke.
Expertenkontakt
Dr. Oliver Schülke
Deutsches Primatenzentrum E-Mail:oschuelke@dpz.eu Telefonnummer (Büro): +49 5513923926
Originalveröffentlichung
Simone Anzà, Michael Heistermann, Julia Ostner und Oliver Schülke Zeitschrift: Royal Society Artikeltitel: Frühzeitige pränatale, aber nicht postnatale Glukokortikoid-Exposition ist mit einer erhöhten Aktivität der HPA-Achse bis ins Erwachsenenalter bei einem wilden Primaten assoziiert Veröffentlichungsdatum des Artikels: 22. Januar 2025 DOI:10.1098/rspb.2024.2418
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