Rezession und Erneuerbare unschuldig am Preissturz für CO2 in Europa

Inwieweit die Unsicherheit über künftige politische Regulierung einen Anteil an den noch unerklärlichen 90 Prozent der Preisbildung hat, soll nun Gegenstand weiterer Forschung sein.

Für den Artikel „Gründe für den Preisverfall beim EU ETS“ haben MCC-Researcher Nicolas Koch und seine Kollegen empirisch untersucht, welchen Einfluss verschiedenste Variablen wie Konjunkturdaten, fossile Brennstoffpreise und die Einspeisung Erneuerbarer Energien auf die CO2-Preisentwicklung im Zeitraum von Januar 2008 bis Oktober 2013 hatten. All diese Faktoren beeinflussten den Preis zu nur knapp zehn Prozent.

„Die üblichen Verdächtigen wie etwa die Konjunktur oder die Erneuerbaren tragen kaum Verantwortung“, sagt Koch. „Stattdessen geben 90 Prozent der CO2-Preisbildung in Europa weiter Rätsel auf.“

Das EU ETS gilt als eines der wichtigsten Instrumente der europäischen Klimapolitik. Doch die MCC-Ergebnisse kommen zu einer Zeit, in der Reformen heiß diskutiert werden. Denn während 2005 zu Beginn der Einführung des Emissionshandelssystems der Preis für den Ausstoß einer Tonne CO2 noch bei gut 25 Euro pro Tonne lag, mussten Unternehmen Ende 2013 nicht einmal mehr fünf Euro dafür bezahlen. Die EU-Kommission hat daher mit ihren Klimaschutz- und Energiezielen bis zum Jahr 2030 einen Reformvorschlag für den CO2-Handel vorgelegt.

„Wir halten es für wahrscheinlich, dass die Unsicherheit der Investoren, ob politische Ankündigungen zu langfristigen Klimazielen nun tatsächlich umgesetzt werden oder nicht, einen großen Einfluss auf den niedrigen Preis haben“, sagt Koch. „Derzeit ist der Ansporn sehr gering, auf neue, CO2-arme Technologien umzustellen. Die Politik muss auch über 2030 hinaus langfristige Pfade zur CO2-Reduktion aufzeigen.“

Ottmar Edenhofer, Direktor des MCC und Chefökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), regt daher einen verbindlichen Preiskorridor für das EU ETS an. „Wir brauchen einen Mindestpreis, um die Unternehmen zu Investitionen in kohlestoffarme Technologien zu ermuntern“, sagt er. „Gleichzeitig wäre aus unserer Sicht aber auch eine Preisobergrenze wichtig, damit bei einer steigenden Konjunktur diese nicht wieder abgewürgt wird.“ Darüber hinaus schlägt er eine sektorale Erweiterung des EU ETS auf den Transport- und Gebäudesektor vor.

Über das MCC
Das MCC erforscht nachhaltiges Wirtschaften sowie die Nutzung von Gemeinschaftsgütern wie globalen Umweltsystemen und sozialen Infrastrukturen vor dem Hintergrund des Klimawandels. Fünf Arbeitsgruppen forschen zu den Themen Wirtschaftswachstum und -entwicklung, Ressourcen und Internationaler Handel, Städte und Infrastrukturen, Governance sowie wissenschaftliche Politikberatung. Das MCC ist eine gemeinsame Gründung der Stiftung Mercator und des (PIK).

http://www.mcc-berlin.net
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421514003966

Media Contact

Fabian Löhe idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Das Mikrobiom verändert sich dynamisch und begünstigt wichtige Funktionen für den Wirt

Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Kieler SFB 1182 untersucht am Beispiel von Fadenwürmern, welche Prozesse die Zusammensetzung des Mikrobioms in Wirtslebewesen steuern. Alle vielzelligen Lebewesen – von den einfachsten tierischen und…

Wasser im Boden – genaue Daten für Landwirtschaft und Klimaforschung

Die PTB präsentiert auf der Woche der Umwelt, wie sich die Bodenfeuchte mithilfe von Neutronenstrahlung messen lässt. Die Bodenfeuchte hat nicht nur Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern ist als Teil…

Bioreaktor- und Kryotechnologien für bessere Wirkstofftests mit humanen Zellkulturen

Medizinische Wirkstoffforschung… Viele Neuentwicklungen von medizinischen Wirkstoffen scheitern, weil trotz erfolgreicher Labortests mit Zellkulturen starke Nebenwirkungen bei Probanden auftreten. Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die verwendeten Zellen aus tierischem…

Partner & Förderer