Starker Handlungsbedarf nach Fusionswelle in der europäischen Stahlindustrie durch mangelnde Integration der Standorte

Boomländer wie China, Indien, Brasilien und Russland werden die weltweite Stahlproduktion von 1,24 Milliarden Tonnen in 2006 auf ca. 1,5 Milliarden Tonnen im Jahr 2010 treiben. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von rund 4%. Dies geht aus einer Untersuchung der internationalen Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton zum weltweiten Stahlmarkt hervor. Den enorm steigenden Produktionskapazitäten und der stetig wachsenden Nachfrage steht indes eine Industrie gegenüber, deren Netzwerke aus Produktionsstandorten rund um den Globus durch Übernahmen und Fusionen grundlegend neu geordnet wurden. Die Folge: Im Zuge des Umbruchs bleiben erhebliche Ressourcen und Wertschöpfungspotenziale ungenutzt. Bei mangelnder Vernetzung der Standorte drohen der europäischen Stahlindustrie Produktionsengpässe und Gewinnrückgänge.

Dagegen lassen sich durch eine intelligentere Nutzung und Synchronisierung der Verbünde die Produktionsmengen um bis zu 20% erhöhen und zugleich Kosten in einer Größenordnung von 15% einsparen.

Eine zentrale Rolle dafür spielt unter anderem die Verfügbarkeit von Produktionsdaten, die über das gesamte Netzwerk hinweg kompatibel und vergleichbar sind und damit eine effiziente Steuerung und Steigerung der Kapazitäten erlauben.

Globale Produktionsnetzwerke bergen erhebliche Effizienzpotenziale

„Unsere Untersuchung zeigt, dass sich die Konsolidierungswelle der weltweiten Stahl- und Metallindustrie mit hoher Intensität fortsetzen wird. Gleichzeitig werden die Stahlunternehmen in Zukunft in einen neuen Wettlauf um Produktionseffizienz eintreten, um die Vorteile aus den Fusionen voll nutzen zu können“, so Dr. Joachim Rotering, Geschäftsführer und Stahlexperte bei Booz Allen Hamilton. Seit dem Jahr 2001 wechselten mehr als 800 Stahlunternehmen den Besitzer. Nach der Einschätzung von Booz Allen Hamilton wird sich dieser Konzentrationsprozess in der Stahlindustrie auch in den kommenden Jahren weiter fortsetzen. „Da die stark zersplitterte Stahlindustrie in China die steigende Nachfrage nach hochwertigen Erzeugnissen nicht mehr befriedigen kann, wird es hier Konsolidierungen geben. Aber auch in Europa, den USA und Japan rechnen wir mit weiteren Übernahmeaktivitäten in den nächsten Jahren“, fasst Joachim Rotering zusammen.

Die Optimierung von Produktionsnetzwerken wird unterdessen insbesondere bei europäischen Stahlunternehmen sträflich vernachlässigt. „Viele Unternehmen sehen ihre Produktion noch immer als Summe der Einzelstandorte und nicht als abgestimmtes, ineinander greifendes Netzwerk an“, erklärt Rotering weiter. „Dabei bergen diese erhebliches Potenzial zur Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung.

Neben der Optimierung des Produktionsverbundes müssen die globalen Player vor allem konsequent die Integration ihrer Unternehmen sicherstellen“ Dies treibt die Bündelung von Einkaufsvolumina und den Austausch von Erfahrungen bei der Optimierung von Produktionsprozessen voran. Zusätzlich sollten Verwaltungsprozesse in den Unternehmen gebündelt und in Länder mit günstigen Personalkosten verlagert werden.

Die Herausforderung für diese nachhaltige Entwicklung liegt jedoch in der Verschmelzung von Unternehmenskulturen über Geographien und Kontinente hinweg. Alle Stahlkonzerne sind historisch stark von ihren Heimatländern geprägt und dort verwurzelt, so dass Ideen- und Informationsaustausch über kulturelle Grenzen hinweg erst gelernt werden müssen. Darüber hinaus sind viele Stahlkonzerne bereits in der Vergangenheit aus Zusammenschlüssen mehrerer Unternehmen entstanden, was wiederum sehr eigene kulturelle Herausforderungen mit sich bringt. Die kulturelle Integration ist aber vor allem notwendig für die nachhaltige Identifikation und Umsetzung von Verbesserungspotenzialen, die jetzt auf der Tagesordnung der allermeisten Vorstände stehen.

Europäische Expertise bei Qualitätsflachstahl im Wettlauf mit China verteidigen

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: erodierende Margen treiben die erstarkenden Stahlanbieter der Schwellenländer aus ihrem angestammten Gebiet der Billigstahlproduktion beispielsweise in die Produktion von höherwertigem Qualitätsflachstahl für die Autoindustrie. In diesem Segment, das traditionell von europäischen Herstellern dominiert wird, konnten in den vergangenen Jahren zum Teil erhebliche Preiserhöhungen durchgesetzt werden. Die Autoren der Studie halten es für entscheidend, dieses „Filetstück“ der Stahlindustrie strategisch und industriepolitisch für Europa zu verteidigen. „Wenn die multinationalen Stahlkonzerne mit europäischer Basis jetzt nicht konsequent die strategischen Hebel in Bewegung setzen, besteht die akute Gefahr, dass die angestrebten Größenvorteile ins Leere laufen und die chinesische Stahlindustrie auf Jahrzehnte hinaus zur dominanten Stahlerzeugerregion wird“, konstatiert Rotering.

Booz Allen Hamilton ist mit mehr als 19.000 Mitarbeitern und Büros auf sechs Kontinenten die weltweit führende Strategie- und Technologieberatung. Das Unternehmen befindet sich im Besitz seiner rund 300 aktiven Partner. Sechs Büros sind im deutschsprachigen Raum: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, München, Wien und Zürich. Der Umsatz beläuft sich weltweit auf 4 Mrd. US$, im deutschsprachigen Raum auf 229 Mio. Euro (Client Billings der Booz Allen Hamilton Gesellschaften im deutschsprachigen Raum).

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