Fehlentscheidungen beim Outsourcing?

Neue Studie von Deloitte: Versteckte Kosten und hohe Komplexität von Outsourcing-Aktivitäten verhindern Return on Investment

Ist bei Outsourcing-Entscheidungen ein neuer Reifegrad in Sicht? Viele Großunternehmen, die Informationstechnologie und Geschäftsprozesse einst sehr schnell auslagerten, sorgten mittlerweile für eine Rückkehr ins Unternehmen. Alternativen rückten in den Vordergrund. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Deloitte, die die Hauptgründe für das Schwinden der Outsourcing-Euphorie analysiert. Verantwortlich für die Rückführung sind ironischerweise in erster Linie die Aspekte Kosten und Komplexität, bezüglich derer man sich damals durch traditionelles Outsourcing Verbesserungen erhoffte. Häufig wurde die Komplexität des Themas in der Planungsphase unterschätzt und professionelle Hilfe in dieser Phase nicht immer in Anspruch genommen. Fehler hätten damit vermieden werden können (beispielsweise durch die Alternative eines internen Outsourcings in Form eines Shared Services Konzepts).
Die Studie mit dem Titel Calling a Change in the Outsourcing Model zeigt, dass 70 Prozent der Befragten mit Outsourcing-Projekten sehr negative Erfahrungen gemacht haben und dem Konzept heute mit deutlich mehr Besonnenheit begegnen. In jedem vierten Fall führte dies dazu, dass Funktionen wieder in das Unternehmen integriert wurden, nachdem klar wurde, dass entsprechende Aufgaben intern (beispielsweise in einem Shared Services Center) erfolgreicher und/oder kostengünstiger abgewickelt werden konnten. 44 Prozent erklärten, aus dem externen Outsourcing hätten sich keine Kosteneinsparungen ergeben.

Doch damit nicht genug: Fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer nannten versteckte Kosten als häufigstes Problem bei der Durchführung von Outsourcing-Projekten. 57 Prozent der Befragten mussten nachträglich für Leistungen bezahlen, die sie missverständlich als Bestandteil der Outsourcing-Verträge verstanden hatten. Soweit Unternehmen in der Auswahl- und Entscheidungsphase professionelle Unterstützung gesucht haben, wurden diese Fehler nicht gemacht.

„Zwischen Produkt-Outsourcing und dem Outsourcing von Dienstleistungsfunktionen bestehen grundlegende Unterschiede. Zunächst haben viele Unternehmer dieses übersehen, später treten die Probleme umso deutlicher zutage“, erklärt Heinz-Josef Hermes, Partner bei Deloitte. „Wenn die Ziele von Outsourcing-Anbietern und Kunden kollidieren, kann das dem Wunsch des Kunden nach Innovation, Kostensenkungen und Qualitätsverbesserungen in der Prozessabwicklung entgegenstehen. Auch die erwarteten Strukturvorteile ergeben nicht zwangsläufig billigeren, besseren oder schnelleren Service. Aus diesem Grund prüfen heute große Unternehmen neue Outsourcing-Projekte sehr genau, verhandeln existierende Verträge neu und bringen immer häufiger Funktionen in Form von „Shared Services“ ins Haus zurück.“

Laut Deloitte ist das ursprüngliche Outsourcing-Engagement in der Hauptsache auf folgende Gründe zurückzuführen: Kosteneinsparungen, bequemere Abwicklung, Flexibilität und fehlende Inhouse-Kompetenz. Viele Unternehmen mussten jedoch feststellen, dass Outsourcing ihre Abläufe nicht vereinfacht. Im Gegenteil, es ergeben sich dadurch teilweise höhere Komplexität, zusätzliche Kosten, Reibungsverluste in der Wertkette und einen höheren Anspruch an das Management. Die Komplexität dieses multidisziplinären Themas wurde unterschätzt.

Weitere interessante Ergebnisse der Studie über versteckte Risiken:

Der erwartete Mehrwert wird in vielen Fällen nicht erzielt:

  • 62 Prozent der Befragten stellten fest, dass die Projekte mehr Management-Aufwand verursachten als ursprünglich kalkuliert.
  • 57 Prozent gaben an, es hätten keine internen Ressourcen für andere Projekte freigegeben werden können, so dass der Projekt-Overhead deutlich höher war als erwartet.
  • 52 Prozent bezeichneten Kostenprobleme als eines der größten Risiken des Outsourcings.
  • 81 Prozent haben nur begrenzten oder überhaupt keinen Einblick in die Preis- und Kostenstruktur ihrer Anbieter. Dadurch steigt die Gefahr versteckter Kosten.
  • 48 Prozent deuteten an, sie verfügten über keine Standardverfahren zur Evaluierung der geschäftlichen Vor- und Nachteile von Outsourcing-Projekten.

Outsourcing-Anbieter müssen sich auf einen Paradigmenwechsel einstellen:

  • 83 Prozent der Befragten haben nach eigenen Angaben bereits Outsourcing-Verträge aufgrund mangelnder Kostentransparenz sowie geänderter geschäftlicher, technischer und gesetzlicher Rahmenbedingungen neu verhandelt.
  • 53 Prozent haben langfristige Verträge (sechs bis zehn Jahre) auf kürzere Laufzeiten (bis fünf Jahre) umgestellt, um flexibler agieren zu können und ihre Verhandlungsposition zu stärken.
  • 73 Prozent arbeiten mit verschiedenen Anbietern zusammen, um Abhängigkeiten zu mindern. Diejenigen, die in der Vergangenheit Exklusivverträge abgeschlossen hatten, warnten vor den großen Risiken und gaben an, solche Verträge kämen heute für sie nicht mehr in Frage.
  • 45 Prozent sehen sich gezwungen, Gewinnbeteiligungs-Klauseln in Anbieterverträge aufzunehmen. Sie wollen die bei vielen Outsourcing-Dienstleistern vorherrschende Gleichgültigkeit durchbrechen und Anreize für mehr Innovationen schaffen.

„Outsourcing wird für Großunternehmen immer unattraktiver, weil es nicht den erhofften Mehrwert bringt. Aufgrund der wirtschaftlichen Erholung wird es als Kostensenkungs-Strategie längerfristig nicht mehr reizvoll sein. In einigen Unternehmen wird deshalb schon jetzt nach differenzierten Lösungen zur Unterstützung des eigenen Wachstums gesucht“, so Hermes. „Dennoch kann Outsourcing ein gangbarer Weg für Unternehmen sein, bei denen trifftige Gründe dafür sprechen und wenn sie das richtige Modell anwenden wie beispielsweise Zentralisierung/Standardisierung, Transform/Operate-Transfer, Commodities Outsourcing, Risikotransfer und Umwandlung fester in variable Kosten. Eine weitere Voraussetzung sind sehr gute Inhouse-Ressourcen, mit denen solche Projekte von der Planung bis zur Durchführung betreut werden können. Durch Bündelung interner Ressourcen (beispieslweise im Sinne der Shared Services Center) können erhebliche Kosten und Qualitätspotenziale freigelegt werden.“

Über die Studie

Für die vorliegende Studie wurden im Zeitraum Oktober bis Dezember 2004 persönliche Gespräche mit Führungskräften durchgeführt, die strategische und operative Entscheidungen verantworten.

Die Befragten stammten aus 25 internationalen Großunternehmen der Branchen Fertigung, Transport, Konsumgüter, Versorgung, Finanzdienstleistung, Technologie/Medien/Telekommunikation, Gesundheitswesen und öffentlicher Sektor. Fast die Hälfte der Teilnehmer ist in den Fortune 500 gelistet, ein Viertel befindet sich in Privatbesitz oder entstammt dem öffentlichen Sektor. Sechs sind in den Fortune 50 und drei in den Fortune Global 100 vertreten.

Etwa drei Viertel der teilnehmenden Unternehmen sind an der New Yorker Börse oder an der NASDAQ notiert. Zehn Teilnehmer sind im Dow Jones Composite Index und/oder in den Standard & Poors 500 gelistet. Die befragten Unternehmen kommen zusammen auf eine Marktkapitalisierung von fast 1 Billion US-Dollar, beschäftigen mehr als eine Million Mitarbeiter und geben für große Outsourcing-Kontrakte 50 Milliarden Dollar aus. Durchschnittlich erzielt jeder Teilnehmer einen jährlichen Umsatz von fast 50 Milliarden Dollar, hat betriebliche Ausgaben von 13 Milliarden, eine Marktkapitalisierung von 53 Milliarden und etwa 60.000 Beschäftigte.

Media Contact

Antonia Wesnitzer presseportal

Weitere Informationen:

http://www.deloitte.de

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