Muttersprache in spezieller Gehirnregion angesiedelt

Forscher des Dipartimento di Psicologia an der Universität Milano Bicocca und des Istituto di Bioimmagini e Fisiologia Molecolare in Segrate haben eine Studie über die kognitiven Leistungsunterschiede des Gehirns bei der Spracherinnerung durchgeführt. Demnach existiert eine in der linken Gehirnhälfte angesiedelte Region, die automatisch die Form von Wörtern und deren Verwandtheitsgrade erkennt. Einzelheiten der Untersuchung sind in der Fachzeitschrift „Biological Psychology“ zu finden.

Die Probanten hatten die ihnen vorgelegten Texte zu lesen, ohne sie nachsprechen und verstehen zu müssen. Dabei wurde eine Besonderheit festgestellt: Die erste nach 150 bis 200 Millisekunden auftretende bioelektrische Stromwelle war im Fall der Muttersprache deutlich grösser als bei Wörtern aus Fremdsprachen. „Dies geht auf die Tatsache zurück, dass das Beherrschen der Muttersprache oder einer anderen während der ersten fünf Lebensjahre erlernten Sprache von konzeptionellen, ethischen, körperlichen und sensorischen Erfahrungen begleitet ist,“ erläutert die Projektleiterin Alice Mado Proverbio .

„Ein italienisches Kind verbindet beispielsweise bei dem Wort 'coltello' (ital. für Messer) während der phonetischen Verarbeitung und Gedächtnisspeicherung dazugehörige Eigenschaften wie spitz, glänzend und scharf. Ausserdem sagt es ihm unterbewusst, dass sein Gebrauch zu Verletzungen führen kann und deshalb den Erwachsenen vorbehalten ist.“ Beim Sehen des englischen Synoyms „knife“ hingegen stellten sich bei einsprachig Aufgewachsenen nur phonetische und orthographische Assoziationen ein. Die unterschiedlich starke bioelektrische Aktivität der Nervenzellen sorge dafür, dass der hintere Bereich der linken Gehirnhälfte beim Lesen der Muttersprache starker involviert wird als bei weniger gut geläufigen Sprachen.

Anhand von Messungen innnerhalb von 250 Millisekunden nach der Wortpräsentation kann sogar mit hinreichender Präzision der Beherrschungsgrad einzelner Fremdsprachen ermittelt werden, so das Testergebnis bei Simultandolmetschern. Diese Tatsache liefert zusätzliche Möglichkeiten der Anwendung bei Personen mit Gedächtnisschwund oder Taubstummen, da die in diesen Fällen bisher angewandten Methoden zur Feststellung von Schlüsseldaten wie Herkunft und Staatsangehörigkeit unvollständig und damit nicht zuverlässig genug sind.

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Harald Jung pressetext.austria

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