Ein Bach voller unentdeckter Bakterien

Der Westerhöfer Bach im Harz war schon im Frühjahr Fundstätte einer neuen Bakteriengattung: vor einem halben Jahr haben die Braunschweiger Biologen dort Deefgea rivuli entdeckt.

Bemerkenswert ist der hohe Gehalt des Westerhöfer Bachs an Calcium und Magnesium, die ausfallenden Mineralsalze führen zur Bildung von Kalktuffgestein.

Untersuchungen zeigten, dass das Wasser unmittelbar an der Quelle mit seinen sehr geringen Keimzahlen nahezu steril ist. Im weiteren Verlauf des Fließgewässers finden sich zunehmend Bakterien, die vermutlich aus dem Uferbereich eingeschleppt werden. Prof. Dr. Erko Stackebrandt, wissenschaftlicher Geschäftsführer der DSMZ erklärt: „Dabei sehen wir in unseren Kulturschalen immer nur eine kleine Auswahl der tatsächlich vorhandenen bakteriellen Vielfalt. Bislang ist nur etwa ein Prozent aller Bakterien im Labor kultivierbar.“

Die Gattungen Flavobacterium und Pedobacter

Flavobakterien sind häufig gelblich gefärbt. Ihr natürliches Habitat ist weit gefächert, meist findet man sie in aquatischen Gebieten. So auch die neuen Bakterien: Flavobacterium aquidurense und Flavobacterium hercynium. Der Artname „aquidurense“ bezieht sich auf die Widerstandfähigkeit des Bakteriums gegenüber dem besonders harten Wasser des Bachs, „hercynium“ ist die lateinische Form des Harzgebirges. F. aquidurense wurde direkt von der Quelle isoliert, F. hercynium gegen Ende des 320 Meter langen Bachlaufs.

Vertreter der Gattung Pedobacter sind beweglich, meist unpigmentiert und erscheinen als Laborkultur durchscheinend weißlich. Mikroskopisch sind winzig kleinen Stäbchen von etwa 2 mal 0,8 µm (Millionstel Meter) zu erkennen. Die fünf neu entdeckten Arten tragen die Namen P. westerhofensis (aus Westerhof stammend), P. hartonius (zum Harz gehörig), P. duraquae (aus hartem Wasser), P. metabolipauper (mit dürftigem Stoffwechsel), und P. steynii (zu Ehren des Mikrobiologen P.L. Steyn, der die Gattung erstmals beschrieben hat).

Im Rahmen von „Braunschweig – Stadt der Wissenschaft 2007“ haben die ForschungRegion Braunschweig e.V. und die NORD/LB eine Praktikantenbörse für herausragende Abiturienten organisiert. An der DSMZ hat Anique Herling unter der Leitung von Dr. Sabine Gronow ein mikrobiologisches Praktikum absolviert. Gemeinsam haben sie ebenfalls den Westerhöfer Bach im Harz erkundet und dort Wasser- und Bodenproben entnommen. Ziel des dreiwöchigen Praktikums waren die „Feinde“ der Flavobakterien.

„Es gibt Viren, die bestimmte Bakteriengruppen gezielt befallen. Diese so genannten Bakteriophagen haben wir untersucht“, erklärt die Biochemikerin Gronow. „Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, aber wir arbeiten zurzeit an sechs Isolaten. Mit etwas Glück findet sich auch dort etwas Neues.“ Forscher müssen also gar nicht in die Tropen, um neue Arten zu entdecken. In Niedersachsen ist das auch vor der eigenen Haustür möglich.

Media Contact

Milena Wozniczka idw

Weitere Informationen:

http://www.dsmz.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Das Mikrobiom verändert sich dynamisch und begünstigt wichtige Funktionen für den Wirt

Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Kieler SFB 1182 untersucht am Beispiel von Fadenwürmern, welche Prozesse die Zusammensetzung des Mikrobioms in Wirtslebewesen steuern. Alle vielzelligen Lebewesen – von den einfachsten tierischen und…

Wasser im Boden – genaue Daten für Landwirtschaft und Klimaforschung

Die PTB präsentiert auf der Woche der Umwelt, wie sich die Bodenfeuchte mithilfe von Neutronenstrahlung messen lässt. Die Bodenfeuchte hat nicht nur Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern ist als Teil…

Bioreaktor- und Kryotechnologien für bessere Wirkstofftests mit humanen Zellkulturen

Medizinische Wirkstoffforschung… Viele Neuentwicklungen von medizinischen Wirkstoffen scheitern, weil trotz erfolgreicher Labortests mit Zellkulturen starke Nebenwirkungen bei Probanden auftreten. Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die verwendeten Zellen aus tierischem…

Partner & Förderer