Rettungsanker für Brustkrebs-Familien


Deutsche Krebshilfe stellt Ergebnisse des Verbundprojektes vor

In manchen Familien ist Brustkrebs wie ein Fluch: Er betrifft jede Generation, und schon junge Frauen fallen ihm zum Opfer. Von den 46.000 Frauen, die Jahr für Jahr in Deutschland an Brustkrebs erkranken, sind 5 bis 10 Prozent erblich vorbelastet. Um Risikofamilien helfen zu können, fördert die Deutsche Krebshilfe seit 1996 bundesweit zwölf universitäre Zentren. Die Zwischenergebnisse dieses Verbundprojektes sind beachtlich: Über 3.000 Familien wurden bislang beraten, bei über 1.000 Familien wurde eine molekulargenetische Analyse durchgeführt, und bei 300 Familien konnten Gen-Veränderungen nachgewiesen werden. Über 1.000 Frauen aus diesen Familien werden mittlerweile in einem intensiven Früherkennungsprogramm betreut, um mögliche Tumoren bei ihnen frühzeitig entdecken und heilen zu können. Das Verbundprojekt „Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“ läuft noch bis zum Jahre 2003 und wird von der Deutschen Krebshilfe mit insgesamt fast 25 Millionen Mark finanziert.

Mathilde H. erkrankte 1996 im Alter von nur 25 Jahren an Brustkrebs. Ihre Mutter war mit 37 Jahren an den Folgen von Brustkrebs gestorben, und auch zwei Tanten sind bereits erkrankt. Die junge Frau, selbst Mutter von zwei Kindern, wurde operiert. In ihrer Angst suchte sie nach einem Rettungsanker: Nachdem sie erfahren hatte, dass manche Brustkrebserkrankungen erblich bedingt sind, wandte sie sich als eine der ersten Patientinnen an das Bonner Zentrum des Verbundprojektes der Deutschen Krebshilfe „Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“. Schnell stellte sich heraus, dass die Familie von Frau H. zur Hochrisiko-Gruppe gehört: In dieser Familie konnte eine Veränderung (Mutation) des für Brustkrebs verantwortlichen Gens BRCA 1 festgestellt werden. Alle Familienmitglieder, die sich haben testen lassen und bei denen die Gen-Veränderung nachgewiesen werden konnte, unterziehen sich seither regelmäßigen Kontrolluntersuchungen. Ihr Risiko, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken, ist statistisch deutlich erhöht, doch je früher ein Tumor erkannt wird, desto größer ist ihre Chance auf Heilung.

Neben der Einrichtung in Bonn finanziert die Deutsche Krebshilfe interdisziplinäre Zentren in Berlin, Düsseldorf, Dresden, Frankfurt, Heidelberg, Kiel, Leipzig, München, Münster, Ulm und Würzburg. Dort arbeiten Frauenärzte, Humangenetiker, Molekulargenetiker und Psychologen eng zusammen und betreuen die ratsuchenden Familien nach einem bundesweit einheitlichen Konzept. Mittlerweile wurden über 3.000 Familien beraten. 40 Prozent der Ratsuchenden konnten beruhigt werden: Aufgrund ihrer Familienkonstellation ist kein erhöhtes Brustkrebs-Risiko anzunehmen. Bei mehr als 1.000 Familien, die aufgrund der Anamnese zur Risikogruppe gezählt werden müssen, wurde eine komplette Mutations-Analyse in den beiden bekannten Brustkrebs-Genen (BRCA 1 und 2) durchgeführt. In 210 Familien fanden sich tatsächlich Veränderungen des BRCA 1-Gens, in 90 Familien ist das BRCA 2-Gen mutiert. Etwa 20 Prozent der getesteten Personen konnten jedoch als Anlageträger ausgeschlossen werden – sie wissen nun definitiv, dass sie keine Gen-Mutation geerbt haben.

Die Entscheidung für oder gegen einen Gentest ist für die Frauen nicht einfach zu treffen. Daher wird vor jeder molekulargenetischen Untersuchung ein ausführliches Beratungsgespräch geführt, an dem auch Psychologen beteiligt sind. Erst dann kann eine Frau selbst entscheiden, ob eine molekulargenetische Analyse für sie sinnvoll ist. 60 Prozent der Frauen aus Hochrisiko-Familien entschieden sich bislang für einen Gentest, 40 Prozent lehnten die Untersuchung ab.

Den Frauen, die eine genetische Veranlagung für die Entstehung von Brustkrebs tragen, werden verschiedene Handlungsmöglichkeiten angeboten: Prophylaktisch können Brustdrüse und/oder Eierstöcke entfernt werden – eine Option, die bislang nur zwei Prozent aller Betroffenen wahrgenommen haben. Außerdem kann durch eine Behandlung mit Antihormonen der Entstehung von Brustkrebs vorgebeugt werden. Erst vor kurzem ist hierzu eine Therapiestudie angelaufen. Die meisten betroffenen Frauen nehmen das Angebot der engmaschigen Früherkennungsuntersuchung wahr: 1.000 Frauen wurden bislang in dieses Programm aufgenommen, im Rahmen dessen mit Ultraschall, Mammographie, Kernspin und Tastuntersuchung die Entstehung von Brustkrebs so früh wie möglich entdeckt werden soll.

Interviewpartner, Fotos und die Broschüre „Familiärer Brust-und Eierstockkrebs“ auf Anfrage!

Weitere Informationen finden Sie im WWW:

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Dr. med. Eva M. Kalbheim-Gapp idw

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