Abruptes Wachstum der antarktischen Eiskappe im Miozän

Ein Gletscher fließt vom Antarktischen Kontinent ins Süppolarmeer. Kirsten Achenbach, DFG-Forschungszentrum Ozeanränder

Vor etwa 13 bis 14 Millionen Jahren dehnte sich die Eiskappe der Antarktis sprunghaft bis an die Küsten des Kontinents aus. Wissenschaftler der Universität Kiel und des DFG-Forschungszentrums Ozeanränder in Bremen fanden jetzt in ungewöhnlich detaillierten Meeresablagerungen aus dem Pazifik neue Hinweise auf die Mechanismen dahinter. Die Forscher vermuten, dass Änderungen in der Erdbahn zusammen mit sinkenden CO2-Konzentrationen zu der abrupten Ausdehnung führten. Ihre Ergebnisse erscheinen am 24. November in der Fachzeitschrift nature.

Die südliche Polarregion unserer Erde liegt unter bis zu vier Kilometer dicken Eiskappe verborgen. Doch das war nicht immer so – vor 60 Millionen Jahren war die Erde noch eisfrei, vereiste dann aber in mehreren Phasen bis zu einem Zustand, der dem heutigen ähnelt. Das Forscherteam, zu dem auch Professor Dr. Michael Schulz vom DFG-Forschungszentrum Ozeanränder gehört, wollte herausfinden, warum sich die Eiskappe am südlichen Pol plötzlich so stark ausdehnte. Hierzu untersuchten die Wissenschaftler 13 bis 14 Millionen Jahre alte Meeresablagerungen aus dem Miozän. Die Ablagerungen stammen aus dem Pazifik, und zwar vom Meeresboden vor Peru und aus der Nähe von Hong Kong und lieferten ungewöhnlich genaue Klima-Informationen.

„Sehr viele Faktoren mussten zusammenkommen, dass wir so viel aus den Ablagerungen herauslesen konnten“, sagt Michael Schulz. Besonders im Pazifik findet man nur selten Stellen, an denen über die Zeit genug Material abgelagert und erhalten wurde. „Das Kieler Team habt zum Teil ganze Nächte hier bei uns im Labor zugebracht, um die Arbeit zu bewältigen. Die Genauigkeit unserer Daten ist also einer Kombination aus Fleiß und etwas Glück zu verdanken. Wir konnten eine zeitliche Auflösung der Klimakurven erreichen, die vor 10 Jahren gerade mal für die letzten 0,5 Millionen Jahren vor heute möglich war.“

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich das Eis in der Antarktis stärker ausbreitete, wenn der Neigungswinkel der Erdachse geringer wurde, was in einem Zyklus von 41.000 Jahren geschieht. Dadurch treffen die Sonnenstrahlen besonders in den hohen Breiten im Sommer flacher auf die Erdoberfläche, so dass die Antarktis abkühlt. Gleichzeitig wird dabei mehr Feuchtigkeit zum Südpol transportiert. Dort fällt dementsprechend mehr Schnee, der nach und nach zu Eis wird.

Das regelmäßige Auf und Ab der Eisausdehnung änderte sich abrupt vor 13,8 Millionen Jahren. Zu diesem Zeitpunkt dehnte sich die Eiskappe sprunghaft aus und bedeckte vermutlich erstmals die gesamte Antarktis.

„Dieser Vereisungsschub dauerte etwa 80.000 Jahre“, erklärt Michael Schulz, „geologisch gesehen nur ein Wimpernschlag. Wir glauben, dass diese schnelle Veränderung nur im Zusammenspiel mit dem zu der Zeit sinkenden CO2-Gehalt der Atmosphäre zustande kommen konnte.“ Bisher haben wir allerdings nur indirekte Hinweise auf den CO2-Gehalt, wenn wir weiter als 0,8 Millionen Jahre zurückschauen wollen.

„Erkenntnisse über lange vergangene Zeiten helfen uns, die Dynamik der Klimamaschine zu verstehen. Nur so erfahren wir, wie die Erde sich von einer nahezu eisfreien Welt in eine Welt mit Eiskappen in der Antarktis und Grönland verwandelt hat“, erklärt Michael Schulz seine Motivation. Dazu brauchen die Forscher aber genauere Informationen über den CO2-Gehalt in der Vergangenheit. Weltweit wird daher versucht, vergangenen CO2-Variationen mit immer feineren Methoden auf die Spur zu kommen.

Weitere Informationen:
Prof. Michael Schulz
DFG-Forschungszentrum Ozeanränder
Tel. 0421 – 218-7136
E-Mail: mschulz@palmod.uni-bremen.de

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Kirsten Achenbach idw

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