Auf dem Weg zum selbstlernenden Messsystem

Prof. Dr. Christian Faber von der Hochschule Landshut und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Simon Hartel am Deflektometriesystem
Bild: Hochschule Landshut

Die Hochschule Landshut entwickelt gemeinsam mit der Universität Passau und der Micro-Epsilon Messtechnik GmbH ein innovatives Verfahren, mit dem sich optische 3D-Messaufbauten mit Hilfe von KI schneller als bisher realisieren lassen und selbst optimieren können.

Um die Nähte eines Airbags im Autocockpit auf kleinste Defekte hin zu überprüfen oder optische Bauteile wie beispielsweise Linsen zu kontrollieren, braucht es eine hochpräzise Technik. Bisher mussten jedoch die zugehörigen Messaufbauten für jede neue Messaufgabe umständlich neu ausgelegt und in aufwändigen Laborversuchen optimiert werden, je nach Größe und Beschaffenheit des Objekts. Das soll sich nun ändern: Die Hochschule Landshut startete im August die Entwicklung eines innovativen Verfahrens, das ermöglicht, mit Hilfe von Modellbildung und künstlicher Intelligenz kamerabasierte 3D-Messaufbauten effizienter als bisher zu realisieren. Das Projekt KISSMe3D wird vom Freistaat Bayern mit rund 1,24 Millionen Euro finanziert. Die Hochschule Landshut erhält eine Förderung in Höhe von 362.100 Euro. Am Projekt beteiligt sind die Micro-Epsilon Messtechnik GmbH & Co. KG in Ortenburg und das Institut für Softwaresysteme in technischen Anwendungen der Informatik (FORWISS) der Universität Passau.

Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, sollen das zur Auslegung und Optimierung solcher Aufbauten erforderliche Ingenieurswissen und die zugehörige Erfahrung im Rechner nachgebildet werden. Dies soll mit einer cleveren Kombination aus Methoden der physikalischen Modellierung, wie sie beispielsweise auch für die Visualisierung bei Videospielen angewendet werden, und künstlicher Intelligenz geschehen. Zu den Messverfahren, für die diese neue Methode eingesetzt werden kann, zählen bei KISSMe3D das Lichtschnittverfahren, die Deflektrometrie zur Messung von spiegelnden Oberflächen wie etwa Linsen oder Smartphone-Displays und die Streifenprojektion für matte Gegenstände wie zum Beispiel Spritzguss-Kunststoffteile. Damit kommen Laser, Bildschirm und Projektor zum Einsatz. Diese drei unterschiedlichen Lichtquellen sowie die Eigenschaften der verwendeten Kameras sollen nun am PC möglichst realistisch beschrieben werden, damit die optimale Anordnung für jede neue Messaufgabe „auf Knopfdruck“ ermittelt werden kann. „Auf diese Weise lässt sich der Entwicklungsprozess enorm beschleunigen. Die Konzeptionierung, die aktuell durchaus mehrere Wochen bis Monate dauern kann, erfolgt dann vollautomatisch im Rechner“, erklärt Prof. Dr. Christian Faber, Projektleiter an der Hochschule Landshut, der mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Simon Hartel vor allem für die physikalische Modellbildung zuständig ist.

KI-basiertes Sensor-Learning

Kameras, Objektive, Bildschirm und Projektor lassen sich damit am PC so modellieren, bis ein „Digitaler Zwilling“ entsteht. „Man muss nun nicht mehr in der Praxis Kameras montieren, sondern kann alles am Rechner simulieren“, erläutert Faber. „Gerade bei Objekten mit komplexer Oberflächenstruktur lohnt es sich aber ab einem gewissen Punkt nicht mehr, die Modellierung immer genauer – den Digitalen Zwilling also immer ‚naturgetreuer‘ – zu machen. Ab da setzt die künstliche Intelligenz ein, die aus den Messdaten selbst lernt.“ Das intelligente System optimiert sich für die neue Messaufgabe automatisch – ein immenser Vorteil für die Fertigungsproduktion. Ziel ist, die Einrichtungszeit bei der Inbetriebnahme um Faktoren zu reduzieren und ein optimales Messsystem in wenigen Schritten zu erreichen, das sich beim Endkunden durch selbstadaptierende Sensorik selbst kalibriert und weiter anpasst.

Die praktische Umsetzung dieses Projekts erfordert vielseitige Kompetenzen, sowohl im Bereich der optischen und physikalischen Grundlagen, KI-Methoden, Algorithmik und Sensortechnologie als auch Kenntnis über industrielle Anforderungen. Deshalb ergänzen sich die drei Projektpartner ideal: Während an der Hochschule Landshut die Modellbildung für die optische Messtechnik im Vordergrund steht, liegt der Schwerpunkt KI-Entwicklung bei der Universität Passau. Das Unternehmen Micro-Epsilon Messtechnik GmbH & Co. KG fokussiert sich auf die Spezifikation der Anwendungsszenarien, die Bereitstellung geeigneter Sensorkomponenten und den Aufbau der Demonstratoren.

Über das Projekt:
Das Projekt Modellbildung und Künstliche Intelligenz für bessere Sensorsysteme in der 3D-Messtechnik (KISSMe3D) läuft noch bis Januar 2025. Projektleiter an der Hochschule Landshut ist Prof. Dr. Christian Faber. Projektpartner sind das Institut für Softwaresysteme in technischen Anwendungen der Informatik (FORWISS) an der Universität Passau und die Micro-Epsilon Messtechnik GmbH & Co. KG in Ortenburg als Konsortialführer.

http://www.haw-landshut.de

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