Der Schnellere gewinnt

Enantioselektive Synthese von Indol-Derivaten
(c) Wiley-VCH

Enantioselektive Synthese von Indol-Derivaten …

Indol und davon abgeleitete Strukturen sind ein Grundbestandteil vieler Naturstoffe wie der Aminosäure Tryptophan. Eine neue katalytische Reaktion liefert Cyclopenta[b]indole – Gerüste aus drei kantenverbundenen Ringen – sehr selektiv in der gewünschten räumlichen Struktur. Wie ein Forschungsteam in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, spielt dabei die Geschwindigkeit der Reaktionsschritte eine entscheidende Rolle.

Indol-Derivate sind in der Natur weit verbreitet, etwa als Teil von Serotonin und Melatonin sowie vieler Alkaloide, von denen einige als Pharmaka, z.B. zur Behandlung der Parkinson-Krankheit, eingesetzt werden. Indol besteht aus einem aromatischen Sechsring und einem Fünfring, die über eine Kante verbunden sind. Der Fünfring enthält eine Doppelbindung und ein Stickstoffatom. Das Indol-Grundgerüst kann verschiedene Seitengruppen tragen oder mit weiteren Ringen verbunden sein. Indol und viele Indol-Derivate lassen sich mit der 1883 von Emil Fischer entwickelten und nach ihm benannten Indolsynthese herstellen (Säure-vermittelte Kondensation von Ketonen mit Phenylhydrazinen).

Eine bedeutende Klasse von Indol-Derivaten sind Cyclopenta[b]indole – Verbindungen mit einem Gerüst aus einer Indol-Einheit und einem zusätzlichen Fünfring. Der Fünfring kann ein chirales Kohlenstoffzentrum enthalten: ein Ring-Kohlenstoffatom, das zusätzlich zwei verschiedene Seitengruppen trägt, die auf zwei zueinander spiegelbildliche Weisen angeordnet sein können. In der Natur kommt immer nur ein Enantiomer vor, d.h. eine der beiden Formen. Die klassische Fischer-Indolsynthese liefert jedoch ein Gemisch beider Enantiomere.

Das Team um Santanu Mukherjee und Garima Jindal vom Indian Institute of Science in Bangalore, hat jetzt eine katalytische Variante der Fischer-Indolsynthese entwickelt, die bevorzugt eines der Enantiomere liefert (d.h. enantioselektiv ist). Ausgangpunkt ist eine Klasse von Diketonen (2,2-disubstituierte Cyclopentan-1,3-Dione) und mit speziellen Schutzgruppen versehene Phenylhydrazin-Derivate. Erfolgsgeheimnis ist der spezielle Katalysator, eine chirale zyklische Phosphorsäure. Die Reaktion wird in Anwesenheit von Zinkchlorid als Co-Katalysator und einem sauren Kationen-Austauscher-Harz durchgeführt, das den als Nebenprodukt entstehenden Ammoniak abfängt.

Herzstück des Reaktionsmechanismus ist eine sogenannte dynamische kinetische Trennung: Im Verlauf der Reaktion entsteht zunächst ein chirales Hydrazon als Zwischenprodukt – in beiden enantiomeren Formen. Dieser Schritt ist reversibel, sodass sich die beiden enantiomeren Hydrazone im Verlauf der Reaktion ineinander umwandeln können.

Die Weiterreaktion der Hydrazone zu den Indol-Derivaten ist die eigentliche katalytische Reaktion. Diese verläuft mit einem der Hydrazon-Enantiomere wesentlich schneller in Vergleich zum anderen. Ursache ist eine günstigere Geometrie bei der Bindung an den chiralen Katalysator.

Das andere Hydrazon-Enantiomer reagiert sehr langsam, sodass nur eine kleine Menge des Indol-Produkts entsteht. Stattdessen wandelt sich das langsam reagierende Hydrazon-Enantiomer in das schnell reagierende Hydrazon-Enantiomer um, was dazu führt, dass das Gleichgewicht letztlich in Richtung des Cyclopentan[b]indol-Produkts verschoben wird.

Auf diese Weise gelang es dem Team, viele verschiedene Indol-Derivate in moderaten Ausbeuten, aber mit guter bis exzellenter Enantiomeren-Selektivität zu erhalten.

Angewandte Chemie: Presseinfo 09/2021

Autor: Santanu Mukherjee, Indian Institute of Science (India), https://orgchem.iisc.ac.in/santanu-mukherjee/

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1002/ange.202017268

Weitere Informationen:

http://presse.angewandte.de

Media Contact

Dr. Karin J. Schmitz Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Aufbruchstimmung in der Alzheimer-Forschung

Bei der Alzheimer Erkrankung lagern sich Eiweiße im Gehirn ab und schädigen es. Prof. Dr. Susanne Aileen Funke von der Hochschule Coburg hat eine Methode gefunden, die solche gefährlichen Eiweißverbindungen…

Chronische Entzündungen durch Ansätze aus der Natur behandeln

Die interdisziplinäre Forschungsgruppe „nature4HEALTH“ hat jüngst ihre Arbeit aufgenommen. Das Team der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Universitätsklinikums Jena entwickelt ganzheitliche naturstoffbasierte Therapieansätze für die Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen. Chronische Entzündungen sind…

Antivirale Beschichtungen und Zellkultur-Oberflächen maßgeschneidert herstellen

Verfahren der Kieler Materialwissenschaft ermöglicht erstmals umfassenden Vergleich von Beschichtungen für biomedizinische Anwendungen. Der Halteknopf im Bus, die Tasten im Fahrstuhl oder die Schutzscheibe am Anmeldetresen in der Arztpraxis: Täglich…

Partner & Förderer