Silizium-Perowskit-Tandemsolarzellen

Die Cluster-Anlage zeichnet sich durch ein technisches Novum aus: Die weltweit erste Anlage dieser Art besitzt sogenannte PECVD-Mirror-Prozessmodule, mit denen sich Silizium-Wafer beidseitig beschichten lassen – ohne sie dazu drehen zu müssen.

HZB/Martin Muske

Neue Anlagen ebnen den Weg zu einer industrienahen Produktion

Perowskite gelten als aussichtsreiche Materialien für Solarzellen, die zugleich kostengünstig herstellbar und sehr effizient sind. Sie eignen sich vor allem für Tandem-Solarzellen, die Zellen aus Silizium und Perowskit miteinander kombinieren. Dadurch wird das Sonnenlicht besonders umfassend zur Gewinnung von elektrischer Energie genutzt. Bislang lassen sich die Vorteile solcher Zellen nur in kleinem Maßstab im Labor nutzen. Mit zwei neuen hochinnovativen Fertigungsanlagen schaffen Forscher am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) nun die Grundlage für eine künftige Produktion im industriellen Maßstab.

Solarzellen aus Perowskit-Materialien haben eine beispiellose Entwicklung hinter sich. Noch vor einigen Jahren erreichten sie mit Wirkungsgraden um die 10 Prozent nur eine magere Energieausbeute. Heute bestechen die neuesten Zellen mit einer mehr als doppelt so großen Effizienz. Forschergruppen am HZB waren an dieser raschen und deutlichen Verbesserung der Zellmerkmale maßgeblich beteiligt. So hält ein Team um Prof. Dr. Steve Albrecht, dem Leiter einer Nachwuchsforschungsgruppe, mit 29,1 Prozent den aktuellen Weltrekord beim Wirkungsgrad von Tandem-Solarzellen aus Perowskit und Silizium.

Im Tandem für eine höhere Energieausbeute

Diese neuartige Tandem-Solarzelle besteht aus einer Siliziumzelle und einer zweiten, darüber liegenden Zelle auf Basis einer Halbleiterverbindung mit Perowskit-Struktur. Der Vorteil der Verbindung verschiedener Materialien: ihre Absorptionsspektren ergänzen sich. Diejenigen Anteile des Sonnenlichts, die Silizium schlecht nutzen kann, können mit geeigneten – kostengünstig herstellbaren – Perowskit-Verbindungen in deutlich mehr elektrische Energie umgewandelt werden. Damit können Tandem-Solarzellen die physikalische Begrenzung des Wirkungsgrads der heute eingesetzten Siliziumsolarzellen von 29,4 Prozent deutlich überschreiten.

„Unser Ziel ist es, den Wirkungsgrad solcher Zellen über 30 Prozent zu steigern – und das nicht nur im Labormaßstab, sondern auch bei Herstellung in einer kommerziellen Größenordnung“, sagt Prof. Dr. Bernd Stannowski, der die Arbeiten dazu am Kompetenzzentrum Photovoltaik PVcomB des HZB leitet. „Gemeinsam mit dem Team von Steve Albrecht setzen wir auf neue, modulare Anlagen, die die Fertigung von Silizium-Perowskit-Tandem-Solarzellen auf ein industrierelevantes Niveau heben werden“, kündigt der Wissenschaftler an. „Damit wird es möglich sein, Tandemzellen auf 6-Zoll-Wafern herzustellen, wie sie in der Photovoltaik-Industrie gebräuchlich sind.“

Für den unteren Teil der Tandem-Solarzellen, die sogenannte Bottomzelle, ist eine Silizium-Heterojunction die Struktur der Wahl, wobei die Oberflächen des Silizium-Wafers mit sehr dünnen amorphen Silizium Kontaktschichten versehen werden. Diese werden durch Abscheiden mittels sogenanntem Plasma-Enhanced Chemical Vapour Deposition (PECVD) hergestellt. Dafür steht den HZB Forschern nun eine Cluster-Anlage der schweizerischen Firma Indeotec zur Verfügung. Die Anlage zeichnet sich durch ein technisches Novum aus: „Als weltweit erste Anlage dieser Art besitzt sie sogenannte PECVD-Mirror-Prozessmodule, mit denen sich Silizium-Wafer beidseitig beschichten lassen – ohne sie dazu drehen zu müssen“, sagt Stannowski.

Die so hergestellte Bottomzelle dient als Basis für die Weiterverarbeitung zu einer Tandem-Solarzelle. Dafür wird das HZB-Team im Innovationslabor für die Forschung an hybriden Silizium-Perowskit-Strukturen (HySPRINT) ab 2021 eine neue, durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanzierte Anlage für das vakuumtechnische Abscheiden verschiedener Materialien nutzen können. Sie wird von den beiden Dresdner Firmen Von Ardenne und Creaphys eigens zu diesem Zweck entwickelt. In der kürzlich beauftragten neuen Anlage werden alle nötigen Prozessschritte zur Herstellung der Oberzelle aus Perowskit integriert sein.

„Mit dieser weltweit einzigartigen Technik lassen sich die komplette, aus mehreren Schichten bestehende Zelle sowie die elektrischen Kontakte automatisch und in einem einzigen Durchlauf mit hohem Durchsatz fertigen“, betont Stannowski. Der Forscher ist überzeugt, dass damit die kommerzielle Nutzung von Silizium-Perowskit-Tandemsolarzellen einen großen Schritt näherrückt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Bernd Stannowski
E-Mail: bernd.stannowski@helmholtz-berlin.de

Prof. Dr. Steve Albrecht
E-Mail: steve.albrecht@helmholtz-berlin.de

Weitere Informationen:

https://www.helmholtz-berlin.de/pubbin/news_seite?nid=21964;sprache=de;seitenid=…
https://www.helmholtz-berlin.de/projects/pvcomb/index_de.html

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Dr. Ina Helms Kommunikation
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH

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