Der Effizienz organischer Solarzellen auf der Spur

Illustration der Erzeugung von Elektron-Loch Paaren (sog. Exzitonen), der Vorstufe von freien Ladungsträgern in der aktiven Schicht einer organischen Solarzelle. M. Panhans

Wissenschaftler der TUD und der Hasselt University in Belgien haben sich mit den physikalischen Ursachen beschäftigt, welche den Wirkungsgrad neuartiger Solarzellen auf der Basis organischer molekularer Materialien einschränken.

Aktuell ist u.a. die Spannung solcher Zellen noch zu gering – ein Grund für ihre noch relativ niedrigen Effizienzen. In ihrer Studie, bei der sie u.a. die Schwingung von Molekülen in den dünnen Filmen betrachteten, konnten die Wissenschaftler zeigen, dass ganz fundamentale Quanteneffekte, sogenannte Nullpunktsschwingungen, einen wesentlichen Beitrag zu Spannungsverlusten leisten können.Die Studie wurde nun in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Solarzellen sind ein Kristallisationspunkt großer Hoffnungen bei der notwendigen Umstellung der globalen Energieerzeugung. Die Organische Photovoltaik (OPV) basiert dabei auf organischen, also kohlenstoffbasierten Materialien und könnte bestens geeignet sein, eine wichtige Stütze im Energiemix der „Erneuerbaren“ zu werden, weil sie verglichen mit herkömmlichen siliziumbasierten Modulen eine bessere Ökobilanz aufweist und es für die dünnen Filme nur geringen Materialeinsatzes bedarf.

Notwendig ist aber eine weitere Steigerung des Wirkungsgrads, der auf verschiedenen Kennwerten, wie z.B. der Leerlaufspannung, beruht. Die zu geringe Leerlaufspannung ist aktuell ein Hauptgrund für noch recht moderate Effizienzen bei OPV.

In der Studie wurden physikalische Ursachen dafür untersucht – unter anderem die Schwingungen von Molekülen in den dünnen Filmen. Es zeigte sich, dass u.a. die sog. Nullpunktsschwingungen – ein Effekt der Quantenphysik, der die Bewegung am absoluten Temperaturnullpunkt charakterisiert – einen wesentlichen Einfluss auf Spannungsverluste haben können.

Eine direkte Beziehung zwischen molekularen Eigenschaften und makroskopischen Bauelemente-Größen konnte nachgewiesen werden. Die Ergebnisse liefern wichtige Aussagen für die weitere Entwicklung und Verbesserung neuartiger organischer Materialien.

Der Niederenergiebereich von optischen Absorptionsspektren ist für die Leistung von Solarzellen entscheidend, ist aber im Fall von organischen Solarzellen mit vielen Einflussfaktoren noch nicht gut verstanden.

In der vorliegenden Studie wurde der mikroskopische Ursprung von Absorptionsbändern in molekularen Mischsystemen sowie ihre Rolle in organischen Solarzellen untersucht.

Im Fokus stand die Temperaturabhängigkeit der Absorptionsmerkmale, die unter Berücksichtigung von Molekülschwingungen theoretisch untersucht wurde. Die sehr gute Übereinstimmung der Simulationen mit den experimentell gemessenen Absorptionsspektren führt zu einer Reihe wichtiger Erkenntnisse.

Die Autoren entdeckten, dass die Nullpunktsvibrationen, vermittelt durch Elektron-Phonon-Wechselwirkung, eine beträchtliche Absorptionsbandbreite verursacht, über die ein Teil der Energie auch wieder ungenutzt abgestrahlt wird und die Leerlaufspannung reduziert. Diese Spannungsverluste können nun aus elektronischen und vibronischen Molekularparametern vorhergesagt werden.

Ungewöhnlich ist, dass dieser Effekt selbst noch bei Raumtemperatur stark ist und die Effizienz der organischen Solarzelle erheblich einschränken kann. Welche Strategien zur Verringerung dieser schwingungsinduzierten Spannungsverluste für eine größere Anzahl von Systemen und unterschiedliche Heteroübergangs-Geometrien angewendet werden könnten, wird von den Studienautoren weiter ausgeführt.

Beteiligte Institutionen:
• Technische Universität Dresden: Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed), Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (IAPP), Institut für Angewandte Physik
• Hasselt University, Belgien: Institute for Materials Research (IMO-IMOMEC)

Über die Computational Nanoelectronics Group: Die Forschungsgruppe am Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed) unter Leitung von Dr. Frank Ortmann erforscht elektronische Eigenschaften und Ladungstransporteigenschaften neuartiger Halbleitermaterialien. Hierbei sind organische Halbleiter aktuell ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit, die durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Emmy Noether-Programms gefördert wird. Die Gruppe ist seit 2017 am cfaed angesiedelt.
Info: https://cfaed.tu-dresden.de/ortmann-home

Informationen für Journalisten:
Matthias Hahndorf
Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed)
Leitung Wissenschaftskommunikation
Tel.: +49 (0)351 463 42847
E-mail: matthias.hahndorf@tu-dresden.de

cfaed
Das cfaed ist ein Forschungscluster der TU Dresden (TUD). Als interdisziplinäres Forschungszentrum für Perspektiven der Elektronik ist es als Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung an der TUD angesiedelt, bindet jedoch neben der TU Chemnitz auch neun außeruniversitäre Forschungsreinrichtungen in Sachsen als Kooperationsinstitute ein. Mit seiner Vision möchte der Cluster die Zukunft der Elektronik gestalten und revolutionär neue Applikationen initiieren, wie bspw. Elektronik, die keine Bootzeit benötigt, die fähig zur THz-Bildgebung ist, oder komplexe Biosensorik unterstützt. Mit diesen Innovationen werden Leistungssteigerungen und Anwendungen denkbar, die mit der Fortsetzung der heute üblichen, auf Siliziumchips basierenden Technologie nicht möglich wären. Um seine Ziele zu erreichen, vereint cfaed den Erkenntnisdrang der Naturwissenschaften mit der Innovationskraft der Ingenieurwissenschaften.
https://cfaed.tu-dresden.de/

Dr. Frank Ortmann
Technische Universität Dresden
Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed)
Tel.: +49 351 463-43260
E-Mail: frank.ortmann@tu-dresden.de

Molecular vibrations reduce the maximum achievable photovoltage in organic solar cells
DOI: 10.1038/s41467-020-15215-x
Autoren: Michel Panhans, Sebastian Hutsch, Johannes Benduhn, Karl Sebastian Schellhammer, Vasileios C. Nikolis, Tim Vangerven, Koen Vandewal, Frank Ortmann

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Kim-Astrid Magister Technische Universität Dresden

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