Der Mars bebt: Seismologische Daten erlauben Einblicke über den Aufbau des roten Planeten

Insgesamt 174 wahrscheinliche Marsbeben hat das Seismometer SEIS der NASA-Mission InSight in den ersten Monaten seit seiner Inbetriebnahme Ende Februar 2019 gemessen – etwas mehr als ein Beben alle zwei Tage.

Die Daten, die unter Beteiligung der Kölner Forscherin Dr. Brigitte Knapmeyer-Endrun veröffentlicht wurden, liefern den ersten umfassenden Beweis dafür, dass neben der Erde und dem Mond auch der Mars seismisch aktiv ist. In Bezug auf Häufigkeit und Stärke der Beben steht der Rote Planet jedoch weit hinter der Erde zurück. Keines der Beben erreichte eine Magnitude 4.

Auf der Erde sind solche Beben zwar für Messinstrumente oder auch Personen in direkter Umgebung wahrnehmbar, sie würden jedoch keine Schäden verursachen. Doch selbst die schwachen Marsbeben erlauben erste Aussagen über den Aufbau des Planeten.

„Seismologie auf dem Mars gab es bisher nicht. Die neuen Daten geben uns daher völlig neue Einblicke über den Aufbau des Planeten“, so Knapmeyer-Endrun, die an der Entwicklung des Marsseismometers beteiligt war und jetzt über den Aufbau der Kruste des Mars forscht.

Die Publikationen wurden in Nature Geoscience und Nature Communications veröffentlicht.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Mars – ähnlich wie die Erde − zwiebelartig aufgebaut ist. Auf den Kern im Innern folgen ein Gesteinsmantel und ganz außen eine Kruste. Seismologische Messungen können wichtige Hinweise auf die Zusammensetzung und die Dicke der verschiedenen Schichten geben. „Bei einem Erdbeben entstehen Wellen, die sich entlang der Oberfläche ausbreiten und solche, die das Innere des Planeten durchqueren“, so Dr. Knapmeyer-Endrun.

„Sie durchlaufen die Schichten mit verschiedenen Geschwindigkeiten und werden an den Grenzen gebrochen und reflektiert. Wann und wo die Wellen die Oberfläche erreichen, erlaubt deshalb Rückschlüsse auf den inneren Aufbau des Planeten.“

Aus der Analyse von Marsbeben dürften sich ebensolche Informationen ableiten lassen. „Ein erstes Ergebnis deutet auf eine 10 km dicke Gesteinsschicht hin, in der die Wellen sich mit relativ langsamer Geschwindigkeiten ausbreiten. Die Vermutung ist daher, dass es sich nicht um intakten Basalt, sondern um zerklüftetes oder chemisch verändertes Gestein handelt“, so Knapmeyer-Endrun.

Insgesamt sind alle gemessenen Beben eher schwach. Keines von ihnen erreicht die Magnitude 4. Erdbeben dieser Stärke treten auf der Erde mehr als tausendmal pro Jahr auf. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass der Mars anders als die Erde wahrscheinlich aus nur einer zusammenhängenden tektonischen Platte besteht.

Auf der Erde hingegen erzeugen Spannungen, die sich zwischen angrenzenden Platten aufbauen und dann lösen, den Großteil der starken Beben.
Damit auch Aussagen über das tieferliegende Innere des Mars möglich werden, hoffen die Forscherinnen und Forscher der InSight-Mission für die nächsten Monate auf ein stärkeres Beben.

Auf der Erde kommt es gelegentlich auch innerhalb einer tektonischen Platte zu heftigen Erschütterungen. Die so ausgelösten Wellen dringen tiefer in den Planeten ein − mit etwas Glück sogar bis zum Kern.

Inhaltlicher Kontakt:

Dr, Brigitte Knapmeyer-Endrun
Institut für Geologie und Mineralogie
+49 221 470-7130
brigitte.knapmeyer-endrun@uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Jan Voelkel
+49 221 470-2356
j.voelkel@verw.uni-koeln.de

Link zur Publikation:
https://www.nature.com/articles/s41561-020-0544-y

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Gabriele Meseg-Rutzen idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-koeln.de/

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