Vom Staubkorn zum Planeten – Rätsel um Kollisionsbarriere gelöst
„Mehl bleibt an der Wand hängen, Sand nicht“, erklärt Astro-Physiker Prof. Gerhard Wurm alltagsnah, wie man sich die Kollisionsbarriere von Teilchen vorstellen muss. Diese „Bouncing Barrier“ in der Planetenentstehung treibt die Wissenschaft seit Jahrzehnten um.
„Unbestritten ist, dass die Staubkörner, die in der protoplanetaren Scheibe zusammenstoßen, niemals direkt zu Aggregaten wachsen können, die größer als ein Millimeter sind. Dennoch kann hieraus in Millionen von Jahren ein Planet mit einem Ausmaß von 10.000 km werden. Wie geht das?“
Die Idee der UDE-Physiker: Elektrische Ladung könnte Haftung geben. Dadurch dass die Staubaggregate immer wieder kollidieren, laden sie sich verschiedentlich auf und ziehen sich dann gegenseitig an.
„Ob das tatsächlich möglich ist, haben wir systematisch und in vielen Experimenten im Fallturm in Bremen untersucht. Die Partikelwolke haben wir durch millimetergroße Glaskugeln dargestellt und die Kugeln dann miteinander stoßen lassen“, sagt Wurm.
„Es war, wie wir vermutet haben: Sie haben sich positiv und negativ aufgeladen und bei den kleinen Geschwindigkeiten auch so stark, dass sie um mehrere Zentimeter gewachsen sind.“
Allein auf die Experimente wollte sich das achtköpfige Team jedoch nicht verlassen. Also überprüfte die Arbeitsgruppe von Professor Dietrich Wolf (Theoretische Physik) das Ganze durch Simulationen. Nach fast zwei Jahren Forschung steht für die UDE-Physiker nun fest: Beweis erbracht – Elektrische Ladung überwindet die Kollisionsbarriere!
„Wir sind sicher, eine Lücke in der Planetenentstehung geschlossen zu haben“, ist Professor Wurm überzeugt. „Noch sind aber viele Fragen offen, etwa wie groß die Aggregate am Ende werden können oder welche Rolle die Mineralzusammensetzung und die verschiedenen Temperaturen in den Gas- und Staubscheiben dabei spielen.”
* Electrical charging overcomes the bouncing barrier in planet formation', Nature Physics, veröffentlicht am 09.12.2019, DOI: 10.1038/s41567-019-0728-9
Prof. Dr. Gerhard Wurm, Experimentelle Astrophysik, Tel. 0203/37 9-1641, gerhard.wurm@uni-due.de
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