Staubige Plasmen in Parabelflügen

Andreas Schmitz, Masterstudent der Physik (vorne), und Prof. Dr. Markus Thoma (hinten) beim Experimentieren in der Schwerelosigkeit. Foto: Novespace

Wie verhalten sich staubige Plasmen in der Schwerelosigkeit? Bereits zum dritten Mal haben Wissenschaftler und Ingenieure des I. Physikalischen Instituts der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) mit Unterstützung durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Parabelflugexperimente geleitet.

Im Rahmen der 71. ESA-Parabelflugkampagne in Bordeaux kam erneut die Experimenteinheit PK-4 („Plasmakristallexperiment #4“) zum Einsatz, von der seit dem Jahr 2014 unter Beteiligung der JLU eine Kopie auf der Internationalen Raumstation ISS betrieben wird.

Für die Parabelflüge im Zeitraum zwischen dem 13. und 24. Mai 2019 wurde das Flugzeug A310 ZERO-G der Firma Novespace – die umgebaute ehemalige „Konrad Adenauer“ der Bundesrepublik Deutschland – benutzt. Dabei wird an drei Flugtagen in jeweils 31 Parabeln mit einer Dauer von 22 Sekunden eine annähernde Schwerelosigkeit realisiert.

Bei einem staubigen Plasma (komplexes Plasma) wird ähnlich wie in einer Neonröhre ein Plasma, das heißt ein ionisiertes Gas, in einer elektrischen Entladung erzeugt; anschließend werden Mikropartikel („Staubkörner“) in die Plasmakammer injiziert. Diese laden sich durch Elektronenanlagerung im Plasma stark negativ auf und zeigen aufgrund der elektrischen Wechselwirkung untereinander interessante Phänomene, wie Phasenübergänge und Strukturbildung.

Da die Mikropartikel sich durch Laserbeleuchtung direkt abbilden lassen, können somit grundlegende Fragen der Vielteilchenphysik auf dem Niveau der einzelnen Teilchen studiert werden, die in atomaren Systemen nicht direkt zugänglich sind.

Experimente zur Grundlagenforschung mit komplexen Plasmen im Labor und in der Schwerelosigkeit werden an der JLU seit 2013 in der Arbeitsgruppe Plasma- und Raumfahrtphysik unter der Leitung von Prof. Dr. Markus Thoma unternommen. Bestimmte Untersuchungen lassen sich dabei nur in der Schwerelosigkeit vornehmen, da die Schwerkraft oft einen unerwünschten Einfluss auf die Mikropartikel ausübt.

Bei den jetzigen Parabelflugexperimenten lag der Schwerpunkt zum einen auf Experimenten, die sich auf der ISS nicht durchführen lassen, da dort die Apparatur nicht angepasst werden kann.

Zum anderen wurden zur Vorbereitung neuer Experimente für die ISS verschiedene Experimentvorschläge getestet. Zurzeit werden die in den sehr erfolgreich verlaufenen Parabelflugexperimenten mit PK-4 gesammelten Daten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der JLU und der University of Iowa ausgewertet.

Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die rund 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen¬schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit dem Jahr 2006 wird die Forschung an der JLU kontinuierlich in der Exzellenzinitiative bzw. der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern gefördert.

Prof. Dr. Markus Thoma
I. Physikalisches Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen
Heinrich-Buff-Ring 16, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-33110
E-Mail: Markus.H.Thoma@exp1.physik.uni-giessen.de

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Charlotte Brückner-Ihl idw - Informationsdienst Wissenschaft

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