„Künstliche Intelligenz“ schneller als Augenärzte bei Bildauswertung

Gleich gut, aber deutlich schneller war die am Universitätsklinikum Freiburg entwickelte Software im Vergleich zu trainierten Augenärzten beim Auszählen von Mikroskop-Bildern. https://rdcu.be/brYSJ Universitätsklinikum Freiburg

Sie sorgen für einen klaren Blick: Die Endothelzellen im Auge pumpen kontinuierlich Wasser aus der Hornhaut und halten sie so durchsichtig. Sterben die Zellen ab, trübt die Hornhaut ein. Um eine Behandlung zum richtigen Zeitpunkt beginnen zu können, mussten Augenärzte bislang mikroskopische Aufnahmen der Endothelschicht auswerten und die Zellen von Hand zählen.

Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg eine selbstlernende Software entwickelt, die diese Aufgabe sehr zuverlässig übernimmt.

„Wofür selbst ein geübter Mensch mehrere Minuten benötigt, schafft die selbstlernende Software in wenigen Sekunden“, sagt Prof. Dr. Daniel Böhringer, Leiter des Schwerpunkts Klinische Studien an der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg.

Die Studie zur Software wurde im zur Nature-Gruppe gehörenden Open-Access-Journal Scientific Reports veröffentlicht.

Gemeinsam mit seinem Team hat Prof. Böhringer die eine Auswertungsmethode entwickelt. Grundlage war die an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg entwickelte Software „U-Net“. Sie basiert damit auf dem für Künstliche Intelligenz (KI) klassischen Ansatz neuronaler Netze, die selbstlernende Fähigkeiten haben.

Im Rahmen der Studie wurden 385 Mikroskopbilder gesunder und kranker Augen ausgewertet. Obwohl die Bilder stark in der Qualität variierten, ergab sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen der automatisierten Bildanalyse und den „von Hand“ gezählten Messwerten. Dies war auch bei Bildern von schlechter Qualität der Fall. Zusätzlich wurden nahezu alle nicht-auswertbaren Bilder als solche markiert.

„Mit dem U-Net ist es uns gelungen, die zeitaufwändige Aufgabe der Gewebeanalyse zu automatisieren. Diese neue Methode erweitert die Forschungsmöglichkeiten in der Augenheilkunde enorm“, sagt Prof Dr. Thomas Reinhard, Ärztlicher Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg.

„Damit können wir archivierte Bilder neu auswerten und in künftigen Studien deutlich mehr Bilder untersuchen.“ Um die Software auch in der Diagnostik bei Patienten einsetzen zu können, ist eine CE-Zertifizierung notwendig. Dies prüfen die Freiburger Forscher derzeit.

Endothelzellen zählen für die Früherkennung

Bei der Geburt lassen sich etwa 3.000 bis 5.000 Endothelzellen pro Quadratmillimeter zählen. Mit dem Alter sterben die Zellen nach und nach ab. Erst wenn in Folge von Krankheiten oder einer Operationen mehr als 90 Prozent der Endothelzellen abgestorben sind, sinkt das Sehvermögen und es können sich starke Schmerzen einstellen.

Dies kann nur noch mit einer Hornhautübertragung behandelt werden, da die Endothelzellen nicht nachwachsen. „Wenn wir krankhafte Veränderungen rechtzeitig erkennen, können wir den Patienten oft helfen“, sagt Prof. Reinhard.

Prof. Dr. Daniel Böhringer
Oberarzt
Klinik für Augenheilkunde
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-40514
daniel.boehringer@uniklinik-freiburg.de

Automated segmentation of the corneal endothelium in a large set of ‘real-world’ specular microscopy images using the U-Net architecture

DOI: 10.1038/s41598-019-41034-2

https://rdcu.be/brYSJ Link zur Studie

Media Contact

Benjamin Waschow idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wolken bedecken die Nachtseite des heißen Exoplaneten WASP-43b

Ein Forschungsteam, darunter Forschende des MPIA, hat mit Hilfe des Weltraumteleskops James Webb eine Temperaturkarte des heißen Gasriesen-Exoplaneten WASP-43b erstellt. Der nahe gelegene Mutterstern beleuchtet ständig eine Hälfte des Planeten…

Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

Möglicher Ansatz zur Behandlung von Übergewicht… Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen…

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

Partner & Förderer