26 neue Zwergfrösche aus Madagaskar
„Obwohl Zwergfrösche stellenweise häufig sind, wurden sie von der Wissenschaft lange Zeit wenig beachtet und oft übersehen“ sagt die madagassische Biologin Andolalao Rakotoarison, die die Arbeit an der Tech-nischen Universität Braunschweig geleitet hat. „Im Jahr 1991 wurden gerade einmal drei Arten unterschieden und heute sind es 41 Spezies!“
Die meisten dieser Zwergfrösche haben ausgewachsen eine Körperlänge zwischen 10 und 20 mm. „Eine der neu beschriebenen Arten, Stumpffia contumelia, misst aber nur 8-9 mm und gehört damit zu den kleinsten Amphibien der Welt“, erklärt Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München.
Aufgrund ihrer extremen Miniaturisierung weisen viele Arten eine rätselhafte Reduktion ihrer Finger und Zehen auf. Bei den kleinsten Arten bleibt im Extremfall nur ein langer Mittelfinger übrig, so dass die Hand an eine beleidigende Geste erinnert – so erklärt sich zum Beispiel auch der Artname Stumpffia obscoena.
Die kleinen Stumpffia-Arten leben oft unauffällig in der Laubstreu des Regenwaldes und über ihre Biologie ist nur wenig bekannt. „Einige Arten betreiben Brutpflege und bauen Schaumnester, in denen sich ihre Nachkommen entwickeln. Aber nun wissen wir, dass dies nicht immer so ist und Eier ohne Schaumnest so-gar in leere Schneckengehäuse abgelegt werden“ sagt Jörn Köhler vom Hessischen Landesmuseum in Darmstadt.
„Erst die Kombination von genetischen, morphologischen und verhaltensbiologischen Untersuchungen hat uns ermöglicht, so viele neue Arten zu identifizieren und zu beschreiben“ ergänzt Miguel Vences von der TU Braunschweig.
„Eine der neuen Arten (Stumpffia davidattenboroughi) haben wir dem berühmten britischen Naturfilmer Sir David Attenborough gewidmet, der mit seinen Filmen weltweit zu einem Botschafter für die bedrohte Natur geworden ist“ erklärt Angelica Crottini von der Universität Porto. „Diese extrem seltene Art ist bisher nur von einem einzigen Exemplar bekannt.“
Viele der neu entdeckten Arten haben offenbar nur ein sehr kleines Verbreitungsgebiet und sind in ihrem Bestand bedroht. Madagaskar hat zwar die Anzahl und Fläche seiner Schutzgebiete in den letzten Jahren drastisch erhöht und weist auch weiterhin viele neue Reservate aus, aber trotz dieser positiven Entwicklung hat das Land weiterhin mit illegaler Brandrodung und Abholzung und zu kämpfen.
Publikation
Rakotoarison, A., M. D. Scherz, F. Glaw, J. Köhler, F. Andreone, M. Franzen, J. Glos, O. Hawlitschek, T. Jono, A. Mori, S. H. Ndriantsoa, N. Rasoamampionona Raminosoa, J. C. Riemann, M.-O. Rödel, G. M. Rosa, D. R. Vieites, A. Crottini & M. Vences (2017): Describing the smaller majority: integrative taxonomy reveals twen-ty-six new species of tiny microhylid frogs (genus Stumpffia) from Madagascar. – Vertebrate Zoology 67 (3): 271-398
Kontakt
Dr. Frank Glaw
Zoologische Staatssammlung München (SNSB-ZSM)
Münchhausenstr. 21, 81247 München
Tel.: 089 8107 114
E-Mail: frank.glaw@zsm.mwn.de
www.zsm.mwn.de
http://www.snsb.de – Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
http://www.zsm.mwn.de – Zoologische Staatssammlung München
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie
Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…
Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…
Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze
Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…