Stoffwechselweg macht Brust-Tumore aggressiver
An der Arbeit waren auch Wissenschaftler aus Berlin, Cambridge und San Francisco beteiligt. Das Forschungsteam hat in seiner Studie ein Protein namens MYC unter die Lupe genommen.
MYC ist ein starkes Onkogen: Es bewirkt unter bestimmten Bedingungen, dass Zellen sich unkontrolliert vermehren. Das ist beispielsweise in manchen hoch aggressiven Brusttumoren der Fall: Je mehr MYC die Krebszellen bilden, desto bösartiger werden sie und desto schwerer sind sie zu behandeln.
Gleichzeitig übernimmt MYC jedoch eine wichtige Rolle im Körper: Es ist an der Regulation von adulten Stammzellen beteiligt. Normalerweise legen sich Zellen irgendwann im Laufe ihres Lebens auf einen bestimmten Karriereweg fest – sie werden etwa zu Haut-, Leber- oder Nervenzellen. Diesen Weg können sie nicht verlassen; aus einer Hautzelle wird also beispielsweise nie eine Leberzelle.
Adulte Stammzellen dagegen sind pluripotent – ihr Schicksal ist noch nicht komplett entschieden. Die adulten Stammzellen der Brust zum Beispiel können sich noch in die verschiedenen Gewebetypen der Brustdrüse differenzieren. MYC kontrolliert diesen Vorgang. „Wir haben zeigen können, wie MYC das genau macht“, erklärt Dr. Björn von Eyss vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Demnach kurbelt MYC einerseits die Teilung der Stammzelle an. Dazu benötigt diese jede Menge Energie. Der gesteigerte Energieverbrauch bewirkt, dass ein Enzym namens AMPK aktiv wird. Dieses Enzym schaltet seinerseits auf indirektem Wege das Stammzellprogramm ab. Dadurch werden die neuen Zellen auf ihre Karriere festgelegt: Sie differenzieren sich zu Brustgewebe und verlieren ihre Stammzelleigenschaften.
Gefährlicher Schutzmechanismus
„Die Teilung der Stammzelle und ihre Differenzierung sind also aneinander gekoppelt“, betont Björn von Eyss. „Wir interpretieren das als Schutzmechanismus gegen Krebs: Aus der Stammzelle können nicht einfach unkontrolliert beliebige Gewebetypen hervorgehen, die sich immer weiter teilen.“
Erstaunlicherweise scheint dieser Mechanismus in Tumorzellen der Brust aber gerade den gegenteiligen Effekt zu haben. Auch dort bewirkt MYC, dass das AMPK-Enzym aktiv wird. Dadurch wird der Tumor aber noch aggressiver und schwerer zu behandeln. Warum das so ist, wollen die Würzburger Forscher in Zukunft genauer untersuchen.
Ein hoher MYC-Spiegel verschlechtert die Prognose von Brustkrebs-Patienten daher erheblich. „Wenn wir in Mäusen die Aktivität von MYC auf gentechnischem Wege unterbinden, werden dagegen die Tumoren wieder gutartiger“, sagt von Eyss. MYC eignet sich jedoch – unter anderem aufgrund seiner vielfältigen Wirkungen – leider nicht als Ansatzpunkt für Medikamente.
Die Forscher nehmen nun daher stattdessen den von ihnen identifizierten Signalweg ins Visier. „Wir suchen gezielt nach Wirkstoffen, die zum Beispiel die Aktivität von AMPK senken“, erklärt von Eyss. „Möglicherweise können wir mit solchen Wirkstoffen erreichen, dass die Tumoren weniger aggressiv wachsen und besser auf Medikamente ansprechen.“
Björn von Eyss, Laura A. Jaenicke, Roderik M. Kortlever, Nadine Royla, Katrin E.Wiese, Sebastian Letschert, Leigh-Anne McDuffus, Markus Sauer, Andreas Rosenwald, Gerard I. Evan, Stefan Kempa, and Martin Eilers: A MYC-driven change in mitochondrial dynamics limits YAP/TAZ function in mammary epithelial cells and breast cancer; Cancer Cell; http://dx.doi.org/10.1016/j.ccell.2015.10.013
Von: Frank Luerweg
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Dr. Björn von Eyss, Biozentrum der Universität Würzburg, T (0931) 31-82695, bjoern.voneyss@biozentrum.uni-wuerzburg.de
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