Zelluläre Stressbewältigung bei Mensch und Pflanze

Bei Forschungen zur Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) haben Wissenschaftler vom Centre for Organismal Studies der Universität Heidelberg die maßgebliche Funktion eines zellulären Mechanismus zur Stressbewältigung entdeckt. Sie beobachteten dabei, dass sich Pflanze und Mensch in dieser Hinsicht biochemisch und zellbiologisch sehr ähnlich sind. Die Erkenntnisse sind sowohl für die Stressbiologie menschlicher Zellen von Bedeutung als auch für die Entwicklung von Nutzpflanzen mit erhöhter Resistenz gegen Trockenheit, dem wichtigsten Stressfaktor beim Anbau von Nahrungspflanzen. Bei seinen Untersuchungen kooperierte das Heidelberger Team unter Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Hell und Dr. Markus Wirtz mit Forschern aus Frankreich und Norwegen. Die Veröffentlichung erfolgte in der Fachzeitschrift „Nature Communications“.

Proteine führen vielfältige Aufgaben für die Struktur, Funktion und Regulation in Zellen aus. Dazu werden sie nach ihrer Bildung für ihre Aufgaben durch gezielte Veränderungen angepasst.

„Eine der häufigsten Veränderungen ist die Anbringung eines Essigsäurerestes am Amino-terminalen Ende von Proteinen. Fehlt diese Veränderung vollständig, sind Pflanzen nicht überlebensfähig.

Bei einer fehlenden Veränderung an bestimmten Proteinen im Menschen kommt es zu Erkrankungen und Entwicklungsstörungen bis hin zum Zelltod“, erläutert Prof. Hell. Obwohl bis zu 80 Prozent der Proteine im Cytoplasma von menschlichen Zellen durch einen solchen Essigsäurerest verändert werden, sind die Aufgaben dieser Veränderung bislang nur für einige wenige Proteine untersucht.

Bei ihren Forschungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen haben die Heidelberger Wissenschaftler eine Modifizierung in Form verringerter Essigsäurereste herbeigeführt und deren Folgen analysiert. „Das bislang als stabil angesehene Veränderungsmuster der Proteine durch Essigsäurereste wandelte sich überraschenderweise in großem Umfang.

Die gezielt gentechnisch veränderten Pflanzen erwiesen sich dabei als resistenter gegen Wassermangel“, so Dr. Wirtz. Dieser Effekt konnte auf die Wirkung des pflanzlichen Hormons Abscisinsäure zurückgeführt werden, das eine zentrale Rolle bei Trockenstress in Pflanzen spielt.

Die Resistenz gegen Wassermangel beruhte dabei auf der ständigen Aktivierung natürlicher Maßnahmen von Pflanzen gegen Trockenstress, wie dem Schließen der Spaltöffnungen und der Verlängerung der Primärwurzel.

Originalpublikation:
E. Linster, I. Stephan, W.V. Bienvenut, J. Maple-Grødem, L.M. Myklebust, M. Huber, M. Reichelt, C. Sticht, S. Geir Møller, T. Meinnel, T. Arnesen, C. Giglione, R. Hell, M. Wirtz: Downregulation of N-terminal acetylation triggers ABA-mediated drought responses in Arabidopsis. Nature Communications (17 Juli 2015), doi: 10.1038/ncomms8640

Kontakt:
Prof. Dr. Rüdiger Hell
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