FORBIAS baut technischen Doppelgänger zum menschlichen Auge

Am 1. Januar 2004 fiel der Startschuss für den neuen Forschungsverbund „Bioanaloge Sensomotorische Assistenz“ (FORBIAS), den die Bayerische Forschungsstiftung (BFS) in den nächsten drei Jahre mit insgesamt 2 Mio. Euro fördert.

Dafür gibt es gute Gründe, denn die Initiatoren, Prof. Dr.-Ing. Georg Färber (TU München) und Prof. Dr. med. Dr. h.c. Thomas Brandt (LMU München), erwarten eine Reihe auch wirtschaftlich interessanter Ergebnisse und Produkte. „An ein so anspruchsvolles Projekt können wir nur deshalb überhaupt denken, weil wir schon lange und erfolgreich fächerübergreifend mit Ingenieuren, Neurobiologen und Medizinern zusammen arbeiten“, so Färbers Überzeugung. Neben Teams aus den beiden Münchener Universitäten arbeiten auch Wissenschaftler aus der Industrie, unter anderem die Audi AG, BMW AG, Siemens VDO, Continental AG und EADS Deutschland GmbH sowie zahlreiche mittelständische Unternehmen mit, um die Umsetzung in die Praxis zu beschleunigen.

Kamera soll lernen, wie ein Mensch zu sehen

Zwar werden Kameras heute schon für verschiedene Aufgaben im Auto eingesetzt, bis sie dem Menschen wirklich Aufgaben der Fahrzeugführung abnehmen können, ist es aber noch ein weiter Weg. Autonom fahrende Autos sind hier Fernziel und Vision.
Nach wie vor fährt der Mensch sein Auto schneller und sicherer, weil sein biologisches System wesentlich robuster und effektiver funktioniert als heutige technische Lösungen. Biologische Systeme haben in Jahrmillionen der Evolution äußerst effektive Prinzipien der Wahrnehmung und Steuerung entwickelt und werden mit vielfältigen Störungen fertig. Der Sensor „Auge“ zum Beispiel erreicht seine herausragenden Leistungen durch die raschen Augenbewegungen, die Kopplung mit weiteren Sensoren wie dem Gleichgewichtssinn und die dazwischen geschaltete Informationsverarbeitung im Gehirn. Eine bioanaloge Fahrzeugkamera bildet dieses Verhalten nach, sie benötigt dazu einen (technischen) Gleichgewichtssensor und eine leistungsfähige Bewegungssteuerung.

FORBIAS leitet aus der genauen Analyse des biologischen Systems Steuerungsprinzipien für technische Anwendungen ab. Die Wissenschaftler entwickeln beispielsweise ein mobiles Messgerät für die menschlichen Augenbewegungen mit dem Ziel, die Blickrichtung einer fest am Kopf montierten Kamera zu steuern: Die gemessene Augenstellung berücksichtigt bereits die komplexe Verarbeitung von Bild- und Gleichgewichtsdaten, so dass die so gesteuerte Kamera ein ebenso stabiles Bild aufnehmen kann wie das menschliche Auge. Für die Bewegungssteuerung der Kopfkamera steht die menschliche Augenmuskulatur Pate.

Eine Kamera, die aufnimmt, was die Augen sehen, ermöglicht eine sehr spontane Art der Berichterstattung, könnte aber auch Operationen am Menschen für Lernzwecke dokumentieren. Die exakte Messung der Augenbewegungen gibt der psychologischen Forschung neue Impulse und ganz profan – der Werbung. Nicht zuletzt profitiert auch die Autobranche von solchen Untersuchungsmöglichkeiten, weil sie beispielsweise die Architektur des Armaturenbretts am menschlichen Sehverhalten ausrichten kann und nicht den Menschen an die Technik anpasst. Denkbar ist schließlich eine „Weckfunktion“ für übermüdete Fahrer, wenn eine Kamera laufend die Augenbewegung kontrolliert und Alarm schlägt, sobald der Fahrer in Sekundenschlaf fällt.

Media Contact

Dipl.-Chem. Christine Kortenbruc idw

Weitere Informationen:

http://www.abayfor.de

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