Neues Kapitel für Gebirgsmedizin aufgeschlagen

Weltkongress für Gebirgs- und Höhenmedizin an der EURAC in Bozen Foto: EURAC

In sieben Tagen mehr als 250 Fachvorträge, dazu rettungstechnische Übungen und praktische Workshops – dieses volle Programm im Zeichen der Höhenmedizin hat mehr als 600 Notfallmediziner, Alpinforscher, Bergretter und Bergsteiger aus 45 Ländern an die EURAC nach Bozen gebracht.

Auf dem Weltkongress haben die Experten beschlossen neue Forschungs- und Behandlungsmethoden zu standardisieren. Ihr Ziel ist es, die Datensammlung, aber auch die Analyse und die Therapie von Unfallopfern im Gebirge weltweit zu vereinheitlichen und damit zu verbessern.

Fortschritt in der medizinischen Forschung basiert auf dem Austausch von wissenschaftlichen Ergebnissen, vor allem aber auch auf dem Erforschen von Fallstudien. Während die allgemeine Medizin auf große Datensammlungen zurückgreifen kann, steckt die noch „junge“ Höhen- und Alpinmedizin in dieser Hinsicht in Kinderschuhen.

„Veranstaltungen wie dieser Weltkongress können entscheidend zur Weiterentwicklung eines Fachgebiets beitragen, weil sie einen direkten Austausch auf internationaler Ebene ermöglichen“, erklärten Hermann Brugger und Giacomo Strapazzon, Mediziner vom EURAC-Institut für Alpine Notfallmedizin und Organisatoren des Weltkongresses. So haben die Experten in Bozen festgelegt, dass die bestehenden medizinischen Datensammlungen zur Höhenkrankheit und zu Bergunfällen erweitert werden sollen:

Die vier Register – zu Hypothermie, Höhenlungenödem, Erfrierungen und das vom EURAC-Institut eingerichtete Alpine Trauma-Register – haben bislang Fallbeispiele innerhalb festgelegter Gebiete gesammelt. Wie auf dem Kongress beschlossen, sollen die Register nun nach festgelegten Standards auf Berggebiete weltweit ausgedehnt werden.

In dieselbe Kerbe schlägt das Projekt STAR (Strengthen Altitude Research), das Hermann Brugger auf dem Kongress vorgestellt hat. Ziel des Projekts ist es, alle weltweiten Forschungszentren im Bereich der alpinen Notfallmedizin miteinander zu vernetzen. Zugleich sollen die in der allgemeinen traditionellen Notfallmedizin bereits verankerten methodologischen Standards auf den alpinen Bereich übertragen werden.

Internationaler Austausch von Studienergebnissen ist auch für die Grundlagenforschung entscheidend. Forschungszentren aus der ganzen Welt haben auf dem Kongress in Bozen ihre neuesten Ergebnisse vorgestellt, etwa zur Rolle der Mitochondrien beim Auftreten der Höhenkrankheit.

Die Mitochondrien, die für den Sauerstoffverbrauch der Zelle verantwortlich sind, spielen laut Forschern auch für die Akklimatisation in großer Höhe eine grundlegende Rolle. Auf dem Kongress erörterten die Experten Fragestellungen für weiterführende Studien. 

Neben dem wissenschaftlichen Programm diskutierten die Kongressteilnehmer auch über internationale Richtlinien für Rettungstechniken im Gebirge. Vor dem Hintergrund des Lawinenunglücks auf dem Mount Everest im April 2014 trugen nepalesische Ärzte und Bergretter in Bozen ihre eigenen Vorschläge an die internationalen Kongressteilnehmer heran, wie das Bergrettungswesen auf den höchsten Gipfeln der Welt künftig organisiert werden könne.

Darin floss auch ein Ausbildungsprojekt für Ärzte, Bergretter und Hubschrauberpiloten in Nepal ein, das Südtirol und die Schweiz vor zwei Jahren gestartet hat. „Wir möchten weitermachen und selbst Ausbildner werden, um andere Sherpas und Bergführer auszubilden, die aufgrund sprachlicher Hindernisse keine Lehrgänge im Ausland absolvieren können“, bekräftigte Ghan Bahadur Thapa, Arzt und Bergretter aus Nepal.

„Gleichzeitig brauchen wir auch Unterstützung, um eine Notrufzentrale in Nepal einzurichten, die alle vorhandenen Infrastrukturen mit einbindet und koordiniert, vom Militär bis hin zu privaten Hubschrauberinhabern. So könnten wir eine Flugrettung organisieren, die zurzeit fehlt“, so Thapa.

http://www.eurac.edu/de/research/institutes/memedicine/default.html – EURAC-Institut für Alpine Notfallmedizin
http://www.ismm2014.org/Pages/default.aspx – Website Weltkongress 2014

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Laura Defranceschi idw - Informationsdienst Wissenschaft

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