Der Parkinson-Erkrankung auf der Spur
Dazu nutzen die Wissenschaftler eine der innovativsten Biotechnologien der jüngeren Zeit: Sie programmieren die Körperzellen Erwachsener zurück ins Stammzellenstadium und züchten daraus dann Nervenzellen.
Die Bayerische Staatsregierung fördert dieses Forschungsvorhaben im interdisziplinären Forschungsverbund ForIPS – „Humane induzierte pluripotente Stammzellen“ in den kommenden vier Jahren mit rund vier Millionen Euro.
Parkinson-Patienten leiden unter Bewegungsarmut sowie einem unkontrolliertem Zittern und einer erhöhten Muskelspannung. In ihrem Gehirn sterben Nervenzellen ab, die den wichtigen Botenstoff Dopamin produzieren. Bei einigen Patienten steuert ein Gen den Ausbruch der Krankheit.
Die Mehrheit der Patienten erkranken hingegen, ohne dass sich ein genetischer Defekt nachweisen lässt. Mediziner vermuten, dass bei diesen Patienten der Stoffwechsel in den Nervenzellen gestört ist. Hier wollen die Wissenschaftler von ForIPS ansetzen und untersuchen, welche Mechanismen in den Nervenzellen dazu beitragen, die Erkrankung auszulösen.
Sie setzen dabei auf eine bahnbrechende Biotechnologie: Sie programmieren gereifte Zellen des erwachsenden menschlichen Körpers zurück zu Stammzellen. Stammzellen gelten als die mächtigsten Zellen des Körpers. Sie sind wandlungsfähige Alleskönner, die sich zu jeder beliebigen spezialisierten Zelle weiterentwickeln können bzw. züchten lassen – Herz- oder Leberzellen, weiße Blutkörperchen oder Nervenzellen. Im Jahr 2012 wurde der Nobelpreis für Medizin für diese Entdeckung vergeben, denn es birgt unzählige Möglichkeiten für die medizinische Forschung – und entlastet die ethische Debatte, denn die Stammzellen müssen nicht mehr aus Embryonen gewonnen werden.
Im Forschungsverbund ForIPS wollen die Wissenschaftler Parkinson-Patienten Bindegewebszellen der Haut entnehmen und diese in der Petrischale über das Stammzellenstadium zu Nervenzellen züchten. Dieses aufwändige Verfahren ist notwendig, weil es sich ethisch verbietet, aus dem Gehirn von Patienten direkt Nervenzellen zu entnehmen. Diese umprogrammierten Zellen werden dann die gleichen Eigenschaften –und die gleichen Defekte – aufweisen wie die Nervenzellen der betroffenen Parkinson-Patienten.
Anhand dieser Proben können die Wissenschaftler untersuchen, welche Mechanismen die Krankheit tatsächlich auslösen. Hierdurch kann individuelle, auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Erforschung zur Krankheitsentstehung und möglichen Interventionen vorangetrieben werden. Außerdem wird am Universitätsklinikum Erlangen eine Biobank aufgebaut, in der die Zellproben gelagert und anderen Forschern zur Verfügung gestellt werden.
In ForIPS arbeiten Wissenschaftler der Universitäten bzw. Universitätsklinika Erlangen-Nürnberg, München (LMU und TUM), Regensburg und Würzburg aus den Fachbereichen Medizin, Biologie und Ethik fachübergreifend zusammen. Sprecher des Forschungsverbunds ist Prof. Dr. Jürgen Winkler, Leiter der Abteilung für Molekulare Neurologie und Bewegungsambulanz am Universitätsklinikum Erlangen.
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