Dynamische Bestimmung des Regelleistungsbedarfs im Stromnetz

Der Vorteil dieses neuen Verfahrens wird sein, dass bei einer täglichen Dimensionierung Prognosen u.a. für die Einspeisung der Windenergie und Photovoltaik einbezogen werden können.

Dadurch wird die Dimensionierung sicherer und wirtschaftlicher, insbesondere bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien. Das Forschungsprojekt läuft von März 2013 bis Februar 2015 und wird vom Bundesumweltministerium (BMU) gefördert.

Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) sind für den sicheren und zuverlässigen Betrieb des Stromnetzes verantwortlich. Eine ihrer Aufgaben ist dabei die Frequenzhaltung, die dazu dient, Ungleichgewichte zwischen Verbrauch und Erzeugung zu minimieren und dadurch die Sollnetzfrequenz zu halten. Dazu beschaffen die vier deutschen ÜNB Regelleistung in Form von Primärregelleistung, Sekundärregelleistung und Minutenreserve, die sich u.a. hinsichtlich ihrer Aktivierungszeit (30 Sekunden, 5 Minuten und 15 Minuten) unterscheiden. Eine entscheidende Frage ist dabei die Menge der vorzuhaltenden Regelleistung.

Die Menge der vorzuhaltenden Primärregelleistung wird europaweit durch Vorgaben der ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity) festgelegt. Die Bestimmung des Bedarfs an Sekundärregelleistung und Minutenreserve in Deutschland erfolgt hingegen vierteljährlich durch die ÜNB nach einer Modifikation des sog. Graf-Haubrich-Verfahrens. Die Idee hinter diesem Verfahren ist, dass die verschiedenen Fehler, die zu einem Regelleistungsbedarf führen können, zu einer Gesamtfehlerverteilung verknüpft werden. Aus dieser kann der Regelleistungsbedarf abgelesen werden. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist, dass schwankende Anteile von Wind- und Solarstrom, die einen unterschiedlichen Bedarf an Regelleistung mit sich bringen, nicht berücksichtigt werden. „Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien ist die Anpassung der Netzbetriebsführung für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende unerlässlich“, betont Kurt Rohrig, Leiter des Bereichs Energiewirtschaft und Netzbetrieb am Fraunhofer IWES in Kassel.

Eine tägliche Bestimmung des Regelleistungsbedarfs, unter Beachtung der für den nächsten Tag verfügbaren Prognosen, könnte durchschnittlich zu einem deutlich geringeren Regelleistungsbedarf führen. „Die Kosten für die Sekundärregelleistung und Minutenreserve lagen im Jahr 2011 deutschlandweit bei 476 Mio. Euro, sodass wir mit einem großen Einsparpotenzial rechnen“, so IWES-Projektleiter Markus Speckmann. Zusätzlich könnten kritische Situationen wie Anfang 2012, als tiefe Temperaturen zu einem erhöhten Bedarf an Regelleistung führten, durch frühzeitiges Erkennen und Beschaffung von mehr Regelleistung vermieden und somit die Netzstabilität verbessert werden.

Daher will das Projektkonsortium aus Fraunhofer IWES und TenneT in dem neuen BMU-Forschungsprojekt ein Verfahren entwickeln, dass eine tägliche Dimensionierung des Bedarfs an Sekundärregelleistung und Minutenreserve ermöglicht. Um die Aufteilung des Gesamtbedarfs auf die Sekundärregelleistung und Minutenreserve festzulegen, wird zudem eine automatisierte Entscheidung zum Abruf von Minutenreserve erarbeitet. Zusätzlich wird das Verhalten verschiedener Kategorien von Bilanzkreisen untersucht, da dieses einen entscheidenden Einfluss auf den Bedarf von Ausgleichsenergie und damit indirekt auf den Regelleistungsbedarf hat.

Über den Partner:
TenneT TSO GmbH ist der erste grenzüberschreitende Übertragungsnetzbetreiber für Strom in Europa. Mit ungefähr 20.000 Kilometern an Hoch- und Höchstspannungsleitungen, 36 Millionen Endverbrauchern in den Niederlanden und Deutschland gehört TenneT zu den fünf größten Netzbetreibern in Europa. Sein Fokus richtet sich auf die Entwicklung eines nordwesteuropäischen Energiemarktes und auf die Integration erneuerbarer Energien.

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