Schloss-Schlüssel-Passung wird durch Wasserfluktuationen moderiert

Die Forscher haben in einer Computersimulation Bewegungen und Kräfte zwischen Wassermolekülen (kleine, rot-weiße „Dipole“), runden Liganden (grün) und einer wasserabstoßenden Hohlform in einem Proteinmolekül berechnet. Foto: HZB<br>

Ohne Wasser gibt es kein Leben; fast alle biologischen Prozesse in den Zellen funktionieren nur in wässriger Lösung. Dabei wandern in der Regel kleine Moleküle (Liganden genannt) wie „Schlüssel“ in die passenden „Schlösser“, die sie in größeren Eiweißmolekülen finden und docken dort an.

Dieser Vorgang löst dann Signale oder auch die Produktion von Stoffen aus. Doch welche Rolle das Vorhandensein von Wasser dabei spielt, war bisher unklar. Ist es nur ein passives Transportmedium oder hat es noch andere Funktionen?

Diese Frage haben Physiker um Prof. Dr. Joachim Dzubiella (HZB und HU Berlin) nun mit Hilfe von Computersimulationen für ein Modellsystem untersucht: Dabei zeigte sich, dass Wasser durch subtile Wechselwirkungen mit der Geometrie und den Oberflächen der Moleküle die Anbindungsgeschwindigkeit aktiv beeinflussen kann. Diese Erkenntnis ist neu und könnte für die gezielte Entwicklung von pharmazeutischen Wirkstoffen interessant sein.

Zusammen mit Kollegen der TU München, der UC San Diego und der University of Utah hat Dzubiella modelliert, wie ein kleines Ligandenmolekül in einer Art Tasche in einem Protein andockt und die Bewegungen und Kräfte bei diesem Prozess berechnet. Dabei gingen sie davon aus, dass die Oberfläche der Proteintasche hydrophob war.

„Natürlich dringen auch immer wieder einige Wassermoleküle in die Proteintasche ein“, berichtet Dzubiella. „Aber sie werden von der hydrophoben Oberfläche abgestoßen und erzeugen so eine kleine Welle, die wiederum die Ligandenmoleküle in der Nähe ergreift.“ Dabei bestimmt die Geometrie der Proteintasche, wie heftig diese Wasserfluktuationen ausfallen und ob sie die Ligandenmoleküle in der Nähe eher bremsen oder sogar beschleunigen.

„Wenn wir Wirkstoffe entwickeln wollen, die gezielt an bestimmten Molekülen in den Zellen andocken und dort Prozesse auslösen oder verhindern sollen, dann müssen wir den Prozess viel genauer als bisher verstehen“, erklärt Dzubiella. Mit dieser Arbeit, die nun in den angesehenen PNAS veröffentlicht wurde, liegt nun ein Ansatz vor.

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer