Die ältesten Holzbauwerke der Welt sind datiert

Der 7000 Jahre alte Brunnen von Altscherbitz bei Leipzig während der Ausgrabung.<br>Quelle: Quelle Sächsisches Landesamt für Archäologie, Dresden<br>

Ein Forschungsteam um Willy Tegel und Dr. Dietrich Hakelberg vom Institut für Waldwachstum der Universität Freiburg hat das Alter von vier Brunnen der frühesten mitteleuropäischen Ackerbaukultur mithilfe der Dendrochronologie oder Jahrringdatierung genau bestimmt.

Die Brunnen wurden in Siedlungen im Großraum Leipzig ausgegraben und sind die bislang ältesten bekannten Holzbauwerke der Welt. Sie stammen aus der Linearbandkeramik, der Zeit etwa von 5600 bis 4900 vor Christus. Die Forschungsergebnisse, die in der internationalen Fachzeitschrift „PLoS ONE“ veröffentlicht wurden, liefern neue Erkenntnisse zur prähistorischen Technikgeschichte.

An der Arbeit waren Experten der Archäologie und Dendrochronologie vom Freiburger Institut für Waldwachstum, vom Sächsischen Landesamt für Archäologie in Dresden und von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in Birmensdorf/Schweiz beteiligt.

Die vier jungsteinzeitlichen Brunnen waren von ihren Erbauern aus Eichenholz angefertigt worden. Neben den Bauhölzern haben zahlreiche andere organische Überreste, etwa Pflanzenreste, Holzgeräte, Rindengefäße und Bastschnüre, sowie viele reich verzierte Keramikgefäße im Grundwasser unter Luftabschluss die Jahrtausende überdauert. Die Methode der Dendrochronologie erlaubte es den Wissenschaftlern, jahrgenau zu bestimmen, wann die Bäume gefällt worden waren. Damit konnten sie die Bauzeit der Brunnen eingrenzen. Demnach fällten jungsteinzeitliche Ackerbauern zwischen 5206 und 5098 vor Christus mit Steinbeilen mächtige, alte Eichen.

Sie spalteten die Stämme zu Bohlen, um diese mit komplexen Eckverbindungen zu kastenförmigen Schächten zusammenzufügen. Mit moderner Laserscantechnik erfassten die Wissenschaftler die Bauhölzer und Bearbeitungsspuren und dokumentierten die hoch entwickelten Fähigkeiten der Siedlerinnen und Siedler. Die sehr gut erhaltenen Bearbeitungsspuren und Holzverbindungen zeugen von einer unerwartet anspruchsvollen Holzbautechnik.

In Mitteleuropa setzte sich im 6. Jahrtausend vor Christus die Sesshaftigkeit mit Ackerbau und Viehzucht gegenüber einer Lebensweise als Jäger und Sammler durch. Dieser Umbruch in der Geschichte der Menschheit wird als „neolithische Revolution“ bezeichnet. Um sesshaft zu werden, brauchte der Mensch feste Behausungen. Häuser jedoch sind ohne entwickelte Holztechnik nicht denkbar – die ersten Ackerbauern waren die ersten Zimmerleute. Die einzigen Überreste ihrer Häuser, die bislang ausgegraben wurden, sind allerdings Bodenverfärbungen. Mit den dendrochronologisch präzise datierten Brunnen lässt sich nun erstmals die Bedeutung von Holzbauten für die Sesshaftwerdung des Menschen genauer untersuchen.

Weitere Bilder zum Brunnen von Altscherbitz bei Leipzig finden Sie auf unserem Wissenschaftsportal Surprising Science unter:

http://www.surprising.uni-freiburg.de/einzelforschungsprojekte/aelteste-holzbauwerke/

Die Pressemitteilung in englischer Sprache finden Sie unter:
http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2012/pm.2012-12-19.366-en?set_language=en
Kontakt:
Willy Tegel
Institut für Waldwachstum
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8591
E-Mail: tegel@dendro.de

Media Contact

Rudolf-Werner Dreier Uni Freiburg im Breisgau

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Interdisziplinäre Forschung

Aktuelle Meldungen und Entwicklungen aus fächer- und disziplinenübergreifender Forschung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Mikrosystemforschung, Emotionsforschung, Zukunftsforschung und Stratosphärenforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

FDmiX: Schnelle und robuste Serienproduktion von Nanopartikeln

Verkapselungstechnologie der nächsten Generation… Nukleinsäure-basierte Medikamente wie mRNA-Impfstoffe bieten ein enormes Potenzial für die Medizin und eröffnen neue Therapieansätze. Damit diese Wirkstoffe gezielt in die Körperzellen transportiert werden können, müssen…

Sensor misst Sauerstoffgehalt in der Atemluft

Eine zu geringe oder zu hohe Sauerstoffsättigung im Blut kann bleibende körperliche Schäden bewirken und sogar zum Tod führen. In der Intensiv- und Unfallmedizin wird die Sauerstoffkonzentration der Patientinnen und…

Neue MRT-Technik erkennt Schlaganfälle in kürzester Zeit

Tag gegen den Schlaganfall: Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben im Rahmen einer Studie erstmals eine KI-gestützte Magnetresonanz-Tomographie (MRT)-Methode untersucht, um akute ischämische Schlaganfälle effizienter detektieren zu können. Dabei setzten sie…

Partner & Förderer