Delfine pflegen lose Allianzen
Männliche Delfine in der Shark Bay, Australien, zeigen nebst uns Menschen das komplexeste Gruppenverhalten von allen Säugetieren. Studien in den 90-er Jahren konnten zeigen, dass zwei bis drei männliche Delfine sehr eng miteinander kooperieren, um weibliche Delfine zur Verpaarung von der Grossgruppe zu isolieren.
Diese sogenannten Allianzen erster Ordnung schliessen sich manchmal zusammen, um Weibchen, die von anderen Allianzen monopolisiert werden, zu stehlen. Diese Verbindung unter Männchen auf höherer Ebene ist jedoch teilweise höchst opportunistisch und kann je nach Kontext wechseln. Die Bildung von Allianzen bei Delfinen ist in ihrer Komplexität nur mit derjenigen von Menschen vergleichbar.
Eine neue Studie von Forschern aus den USA, Australien und Michael Krützen vom Anthropologischen Institut und Museum der Universität Zürich belegt nun, dass diesen männlichen Allianzen eine offene Sozialstruktur zu Grunde liegt. Delfine haben vielschichtige Beziehungen zu anderen Individuen innerhalb eines komplexen Geflechts ohne offensichtliche Gruppenstruktur.
Dies stellt Delfine fast auf die gleiche Stufe mit uns Menschen. Als Vergleich drängt sich die Sozialstruktur von Schimpansen auf. Auch Schimpansen-Männchen bilden Allianzen, jedoch nur zwischen sozialen Gruppen. Dadurch verteidigen sie ihr Territorium gegen Artgenossen aus anderen Gruppen. Dies ist bei Delfinen jedoch nicht der Fall: Sie verteidigen die Weibchen und nicht Territorien.
Einzigartiges Verhalten
Ein weiteres Erklärungsmodell wäre, dass Delfin-Männchen nur während der Paarungszeit Weibchen oder Territorien verteidigen und sich dabei weitestgehend aus dem Weg gehen. Auch diese Hypothese trifft für Delfine in Shark Bay nicht zu, wie die Beobachtung von über 120 erwachsenen Delfinen in einem Gebiet von rund 600 Quadratkilometern ergab. «Unsere Studie zeigt erstmalig, dass die Sozialstruktur und das damit einhergehende Verhalten von Delfinen im Tierreich einzigartig ist», erklärt Michael Krützen.
Das Verhalten von Gruppen und die soziale Struktur von anderen Arten haben Biologen seit jeher fasziniert. Sind sie ähnlich dem unseren – und wenn ja, können wir dadurch etwas über uns Menschen lernen? Der Vergleich von Menschen mit Affen, Elefanten und Delfinen, allesamt Arten mit grossen Hirnen und weitentwickelten kognitiven Fähigkeiten, erlaubt Rückschlüsse auf die Evolution des Gruppenverhalten beim Menschen.
Literatur:
Sradan Randic, Richard C. Connor, William B. Sherwin and Michael Krützen. A novel mammalian social structure in Indo-Pacific bottlenose dolphins: complex male-alliances in an open social network. In: Proceedings of the Royal Society. Doi: 10.1098/rspb.2012.0264
Kontakt:
Michael Krützen
Anthropologisches Institut und Museum der Universität Zürich
Universität Zürich
Tel. +41 44 635 54 12
E-Mail: michael.kruetzen@aim.uzh.ch
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Weitere Informationen:
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