Wasserstoff marsch!

Mehr als 80% des weltweiten Energiebedarfs werden noch immer mit fossilen Brennstoffen gedeckt. Die damit verbundenen Umweltprobleme, wie die globale Erwärmung, sind hinlänglich bekannt. Eine effiziente Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energiequellen wird immer drängender.

Die Wasserstofftechnologie, bei der Wasserstoff aus Biomasse erzeugt und in Brennstoffzellen zur Stromerzeugung genutzt wird, ist ein vielversprechender Ansatz. Forscher um Matthias Beller vom Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie nun einen neuen Katalysator vor, mit dessen Hilfe sich Bioalkohol zur Wasserstoffgewinnung nutzen lassen. Das neuartige Verfahren läuft bei besonders milden Bedingungen effektiv ab.

Ethanol und andere Alkohole geben ihre Wasserstoffatome nicht freiwillig heraus, hoch aktive Katalysatoren sind dazu nötig. Bisherige katalytische Verfahren benötigen allerdings recht drastische Reaktionsbedingungen: Temperaturen oberhalb von 200 °C und die Anwesenheit starker Basen. Ziel der Rostocker Forscher war es daher, einen Katalysator zu entwickeln, der auch bei deutlich milderen Bedingungen effizient arbeitet.

Dem Alexander-von-Humboldt-Stipendiaten Martin Nielsen aus Bellers Team ist dies nun geglückt. Der neue Katalysator zeigt eine bisher unerreicht hohe Effizienz bei der Erzeugung von Wasserstoff aus Alkoholen unter milden Reaktionsbedingungen. Beller: „Das ist das erste katalytische System, das in der Lage ist, bei Temperaturen unterhalb von 100 °C und ohne Zugabe von Basen oder weiteren Additiven Wasserstoff aus einfach verfügbarem Ethanol zu gewinnen.“

Nach ersten erfolgreichen Tests mit einem vergleichsweise einfach umzusetzenden Modellalkohol (Isopropanol) lenkten die Forscher ihre Aufmerksamkeit auf Ethanol, der auch als „Alkohol“ in alkoholischen Getränken bekannt ist. Ethanol gewinnt als erneuerbare Rohstoffquelle zunehmend an Bedeutung, lässt sich aber wesentlich schwerer umsetzen. „Auch mit Ethanol zeigte das neue Katalysatorsystem unter milden Bedingungen (60–80 °C) eine außergewöhnlich gute Umsatzrate“, sagt Beller, „im Vergleich zu bisherigen Katalysatorsystemen liegt sie um fast eine Zehnerpotenz höher.“

Der aktive Katalysator besteht aus einem Ruthenium-Komplex, der sich in situ bildet: Ausgangspunkt ist ein zentrales Rutheniumatom, das von einem speziellen Liganden von drei Seiten regelrecht in die Zange genommen wird. Als weitere Liganden fungieren ein Kohlenmonoxidmolekül sowie zwei Wasserstoffatome. Beim Erhitzen wird ein Wasserstoffmolekül aus diesem Komplex (H2) freigesetzt. Kommt der verbleibende Komplex nun wieder in Kontakt mit Ethyl- oder Isopropyl-Alkohol, so holt er sich seine beiden Wasserstoffatome einfach wieder – und der Zyklus kann von neuem beginnen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 37/2011

Autor: Matthias Beller, Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock (Germany), http://www.catalysis.de/Beller-Matthias.239.0.html

Angewandte Chemie 2011, 123, No. 41, 9767–9771, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201104722

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

AI – Avalanche Intelligence am SLF

Maschinell trainierte Algorithmen schätzen die aktuelle Lawinenlage ähnlich gut ein wie Menschen – mit anderen Ansätzen, Stärken und Schwächen. Vorhersage für Samstag, den 10. Februar 2024, für die Südschweiz, herausgegeben…

Wie die Pflanzenwelt den Klimakreislauf prägt

Um die Resilienz der Erde zu verstehen, modellieren Forschende der ETH Zürich Klimaveränderungen längst vergangener Zeiten. Und sie zeigen: Pflanzen sind nicht einfach Opfer der Umstände, sondern haben die Klimabedingungen…

Partner & Förderer