Orientierungshilfe für Operationen am menschlichen Gehirn

Orientierungshilfe für Operationen am menschlichen Gehirn – Neues Berechnungsverfahren soll schonendere Eingriffe ermöglichen

Einer Wissenschaftlergruppe um Dirk Labudde vom Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) ist es gelungen, die Deformationen und Verschiebungen zu berechnen, die ein Hirntumor im umliegenden Gewebe hervorrufen kann. Das Team hat ein Berechnungsverfahren (Algorithmus) entwickelt, mit dem künftig Operationen am Gehirn besser geplant und schonender durchgeführt werden können. An der Arbeit beteiligt waren neben Labudde auch Sven Hartmann, Mathematiker von der Universität Rostock, sowie Michael Synowitz, Neurochirurg am HELIOS Klinikum Berlin.

Das Gehirn mit seinem komplizierten dreidimensionalen Aufbau aus Nervenzellen, Fasern und Gefäßen galt den Hirnchirurgen lange Zeit als ein fast undurchschaubares Labyrinth. Heute gehört es bei vielen Hirnoperationen zum Standard, vor dem eigentlichen Eingriff wichtige Zentren des Gehirns wie zum Beispiel das Sprach- oder das Bewegungszentrum zu lokalisieren, um eine Schädigung dieser Strukturen unter der Operation zu verhindern. Dafür stehen zahlreiche Verfahren wie die Magnetresonanztomographie und die Computertomographie zur Verfügung. Ebenso existiert ein ganzes System von „Landkarten“ des Gehirns, so genannte stereotaktische Atlanten, die eine Kartierung des Gehirnes und seiner Zentren enthalten. Sie ermöglichen es zusammen mit den Daten des Patienten aus den bildgebenden Untersuchungsverfahren, Operationen besser zu planen und mithin schonender durchzuführen. Das Problem: Diese Atlanten basieren auf Daten, die von gesunden Patienten gewonnen wurden. Hirntumoren aber verdrängen Gewebe, verändern also die Landschaft innerhalb des Schädels mitunter erheblich. Eine entscheidende Frage für den Neurochirurgen ist daher, ob der kürzeste oder gewebeschonendste Weg, wie er aus dem Atlas hervorgeht, nicht durch den Tumor verändert wurde. Und wenn er verändert wurde, welcher ist dann der beste Weg?

Die Berlin-Rostocker Arbeitsgruppe hat hierfür ein Modellierungsverfahren entwickelt, mit dem die krankhaften Verschiebungen und Deformationen im Gehirn berechnet und auch visualisiert werden können. Die Methode ist in der Zeitschrift für Medizinische Physik (12, 2002, S. 182) veröffentlicht. Das Verfahren wurde auch zum Patent angemeldet. Die Methode eignet sich nach Angaben der Entwickler besonders für eine Gruppe hirneigener Tumore, den Meningiomen. Diese weisen aufgrund ihres besonderen Zelltyps ein annähernd kugelförmiges Wachstum auf. Sie sind also vergleichsweise einfach zu modellieren.

Das Modell ist als zusätzliche Hilfestellung bei der Operationsplanung angelegt. Es erlaubt, die Daten aus den bildgebenden Diagnoseverfahren mit einem anatomischen Atlas zu verknüpfen. Individuell kann so der beste Weg gefunden werden, um den Tumor zu entfernen.

Ansprechpartner:
Dirk Labudde
Telefon: 030 – 94793-279
E-mail: labudde@fmp-berlin.de

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Josef Zens idw

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