Botox als Penicillin des 21. Jahrhunderts

US-Forscher hoffen auf Supergift als ideales neues Medikament

Botox als neues Penicillin zu bezeichnen ist zwar nach Ansicht der Forscher noch etwas verfrüht, dennoch sehen amerikanische Wissenschaftler im „Supergift“ große Chancen. Behandlungen in der Schönheitschirurgie zählen in der Zwischenzeit zur Alltäglichkeit. In anderen medizinischen Anwendungen hat sich die giftige Substanz ebenso bewährt, berichtet die New York Times.

Botox hat sich in der Schönheitschirurgie als Faltenbeseitiger einen Namen gemacht, das Toxin wurde bei Patienten, die nach Schlaganfällen gelähmt waren, eingesetzt. Auch in der Migräne-Behandlung, beim Tennis-Arm-Syndrom, bei Inkontinenz, bei Rückenschmerzen und bei Gesichtslähmungen wurde mit dem Toxin gearbeitet. Wissenschaftler haben Muskellähmungen mit Botox unter Kontrolle gebracht, so etwa Scheidenkrämpfe, die einen Geschlechtsverkehr schmerzhaft machen oder bei krankhafter Fettleibigkeit, bei der der Muskel, der die Nahrung aus dem Magen lässt, mit dem Toxin behandelt wurde. Einige der Anwendungen sind so weit geprüft, dass sie bereits bei der amerikanischen Food & Drug Administration (FDA) gelandet sind und dort auf eine Zulassung warten. Bei anderen Anwendungen steht die Forschung noch am Anfang, berichtet die New York Times. Wissenschaftler sind sich aber einig, dass das Toxin als Heilmittel ein großes Spektrum umfasst.

„Botox hat ein enormes Potenzial“, so der Neurologe Robert Daroff, der ehemalige Herausgeber des Fachmagazins „Neurology“, der zwar mit dem Toxin nicht gearbeitet hat, aber die Ergebnisse bei Migräne-Patienten untersucht hat. Jean Carruthers, Augenspezialist an der University of British Columbia, vergleicht Botox mit Penicillin, weil es ebenso wie dieses ein organisches Derivat eines Bakteriums ist. „Darüber hinaus sind die Anwendungsgebiete von Botox einfach vielfältig“, so der Wissenschaftler. Botox hat viele Vorteile, die andere Schmerzmittel nicht haben, dazu zählt etwa die lokale Wirkung genau dort, wo es injiziert wurde. Es kann überall angewendet werden, wo es darum geht Muskeln zu schwächen anstatt sie zu lähmen. Die Wirkung hält lange an, lässt langsam nach und macht daher Fehler reversibel. In 25 Jahren Anwendung gab es sehr wenige Problemfälle, berichten die Wissenschaftler.

Deutsche Wissenschaftler haben das Toxin auch zur Unterdrückung der Schweißabsonderung von Männern verwendet. Richard Glogau, Dermatologe in San Francisco hat entdeckt, dass der Wirkstoff bei der Behandlung von Falten im Gesicht auch Migräne bekämpfen kann. In der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Annals of Internal Medicine“ berichtet ein Forscherteam der Universität in Hannover über eine erfolgreiche Anwendung von Botox bei einem 90 Kilogramm schweren Mann, der nach Injektionen in den Bauch innerhalb von vier Monaten neun Kilogramm Gewicht verlor. Der Mann hatte bereits nach der Einnahme kleiner Mengen von Nahrung ein Sättigungsgefühl.

„Es ist ein seltsames Schicksal des Toxins, das in den 30-er Jahren fast zum Ende der Konservenindustrie geführt hat, heute als Medikament sensationelle Ergebnisse herbeizuführen“, so die Forscher. Wenn das Botox-Bakterium nämlich geschluckt wird, hat es in den meisten Fällen eine letale Wirkung für den Betreffenden, da sich das Toxin im Körper potenziert.

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New York Times

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http://www.nytimes.com

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