Berliner Neurowissenschaftler entschlüsseln Baustein bei der Signalübertragung im Gehirn

Diese Arbeit, die in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Neuron veröffentlicht ist, zeigt, dass ein spezielles Eiweiß, der sogenannte »vesikuläre Glutamattransporter« (VGLUT), eine entscheidende Rolle bei der Leistungsregulierung synaptischer Verbindungen spielt. Diese Regulierung erlaubt es Synapsen, in ihrer Leistung zu variieren.

Synapsen vermitteln die Kommunikation zwischen den einzelnen Nervenzellen im Nervensystem. Dabei arbeiten sie – abhängig von ihrer Funktion im Gehirn – unterschiedlich. Beispielsweise kommen in der Gehirnrinde sehr viele Informationen zusammen. Damit die Nervenzelle diese Menge an Information verarbeiten kann, muss sie diese dosieren bzw. regulieren. Der Neurowissenschaftler Christian Rosenmund, der 2009 einem Ruf an die Berliner Charité folgte und seine Forschung vom Baylor College in Texas nach Deutschland verlegte, beschäftigt sich seit Jahren mit der Funktion der Synapsen.

»Man kann sich die Nervenzelle wie einen Musikliebhaber vorstellen. Er hört nicht einzelne Töne, sondern das ganze Konzert« , veranschaulicht er. Die Synapsen sind wie einzelne Töne. Manche spielen lauter, manche leiser. Bisher war aber nicht bekannt, wie und wodurch diese reguliert werden können. Aber: Eine Fehlregulation der Synapsen kann fatale Auswirkungen auf die Verarbeitung von Signalen im Gehirn haben und letztendlich zu verschiedensten neurologischen Erkrankungen führen. Erstmalig entdeckten die Wissenschaftler um Rosenmund nun den Regler für die Lautstärke der Nervenzellen – das Protein Endophilin.

Seine Verbindung mit bestimmten Varianten des Glutamattransporters (VGLUT) ist hierfür verantwortlich. Die bisher bekannte Funktion dieses Eiweißes ist es, synaptische Bläschen mit dem Neurotransmitter Glutamat zu befüllen. Dass der Transporter auch eine regulierende Funktion hat, war eine große Überraschung.

»Damit haben wir endlich einen Mechanismus identifiziert, wie Synapsen unterschiedlich gesteuert werden. Das Gehirn kann die Synapsen optimal an verschiedene Hirnfunktionen anpassen. Diese Erkenntnis kann uns nun helfen, verschiedenste neurologische Erkrankungen wie zum Beispiel Epilepsie zu verstehen oder sogar zu behandeln«, erklärt Rosenmund. Daher wollen sich die Wissenschaftler künftig unter anderem mit der krankheitsrelevanten Bedeutung der Glutamattransporter beschäftigen.

NeuroCure ist ein im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördertes Exzellenzcluster an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Im Fokus des interdisziplinären Forschungsverbundes steht die Übertragung (Translation) neurowissenschaftlicher Erkenntnisse der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung. Ein besseres Verständnis von Krankheitsmechanismen trägt dazu bei, wirksame Therapien für neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Epilepsie zu entwickeln. Neben der Charité sind die Humboldt-Universität zu Berlin, die Freie Universität Berlin, das Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin (MDC), das Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und das Deutsches Rheumaforschungszentrum (DRFZ) Partner von NeuroCure.

Kontakt:
Kerstin Vincze
Exzellenzcluster NeuroCure
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 450 539 707
kerstin.vincze[at]charite.de

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Stefanie Winde idw

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