Wie Hefen haften

Hefezellen heften sich mittels bestimmter Proteine aneinander, deren Bindungspartner weiter verbreitet sind als sie selbst; deswegen werden auch Zellen ohne derartige Proteine gebunden, schreiben die Wissenschaftler in der Online-Ausgabe des US-amerikanischen Forschungsmagazins „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS), die heute erscheint (13. Dezember 2010).

Wenn Hefezellen sich zusammenlagern, entstehen Flocken oder Filme. Dafür sorgen spezielle Proteine auf der Zelloberfläche, so genannte Flokkuline, die an Oberflächenmoleküle anderer Zellen koppeln. „Trotz der Bedeutung für Industrie und theoretische Biologie blieb bislang ungeklärt, auf welche Weise Flokkuline die Hefeoberfläche erkennen und welche Struktur die Bindungspartner haben „, erklären die Autoren um Professor Dr. Hans-Ulrich Mösch und Professor Dr. Lars-Oliver Essen von der Philipps-Universität. Sie untersuchten einen Abschnitt des Proteins Flo5, nämlich die A-Domäne (Flo5A), die für die Anheftung verantwortlich ist.

Die Wissenschaftler bauten die A-Domäne von Flo5 in Flokkuline anderen Typs ein, die sie anschließend in Hefezellen einschleusten. Das reichte aus, um nicht-flockende Hefen zur Flockenbildung zu bewegen.

Als Bindungspartner von Flo5 identifizierten die Forscher eine ganz bestimmte Zuckerverbindung, die ebenfalls auf der Zelloberfläche verankert ist und aus mehreren Mannoseeinheiten besteht. Dabei handelt es sich um ein weit verbreitetes Oberflächenmolekül, das nicht nur bei Flo5-haltigen Hefestämmen vorkommt. Flo5-Zellen heften sich daher nicht nur an ihresgleichen; vielmehr binden sie auch andere Hefen, sofern diese Mannose tragen. Die Flo5-freien Zellen lagern sich an der Peripherie der Hefeflocken an, wodurch sie die weiter innen befindlichen schützen.

Die Erkenntnisse der Forscher haben auch praktische Konsequenzen für die Bierherstellung. Die Industrie verwendet hierfür moderne Hefestämme, deren Anheftungsproteine keine Vorliebe für bestimmte Zuckerarten aufweisen. Zugleich ist die Flockenbildung solcher Industriestämme weniger effizient. Sie lässt sich verbessern, indem man diese mit FloA5 ausstattet.

Die Marburger Wissenschaftler haben für ihre aktuelle Forschungsarbeit finanzielle Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des „LOEWE“-Zentrums für Synthetische Mikrobiologie an der Philipps-Universität erhalten.

Originalveröffentlichung: Maik Veelders, Stefan Brückner & al.: Structural

basis of flocculin-mediated social behaviour in yeast, PNAS Online-Ausgabe 13. Dez. 2010, doi: 10.1073/pnas.1013210108

Weitere Informationen:
Ansprechpartner:
Professor Dr. Hans-Ulrich Mösch,
Fachgebiet Genetik
Tel.: 06421 28-23013, -23014
E-Mail: moesch@staff.uni-marburg.de
Professor Dr. Lars-Oliver Essen,
Fachgebiet Biochemie
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Johannes Scholten idw

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