Botulinum: Modedroge oder wirksames Medikament?

„Botulinum: Vom giftigsten aller Gifte zum segensreichen Medikament?“ – um diese Frage kreisen heute die Diskussionen auf dem 27. Interdisziplinären Forum der Bundesärztekammer.

Das Nervengift Botulinumtoxin gilt als „Wunderwaffe gegen Falten“ und erfreut sich vor allem in den USA großer Beliebtheit. Das Mittel wird aber nicht nur in der Dermatologie eingesetzt, sondern auch und vor allem in der Schmerztherapie sowie zur Behandlung von spastischen Bewegungsstörungen und fokaler Hyperhidrose (anfallsartige Schweißausbrüche).

„In der Hand des erfahrenen Anwenders ist diese Behandlungsoption durchaus eine sichere und zufriedenstellende Therapieoption im Bereich der ästhetischen Medizin. Vor dem Missbrauch des Botulinumtoxins als Modedroge und so genannten Botox-Partys möchte ich jedoch eindringlich warnen“, sagte Prof. Dr. Marc Heckmann, Ärztlicher Leiter der Praxisklinik Starnberg, auf dem Forum der Bundesärztekammer. Botulinumtoxin gilt als giftigste bekannte Substanz. Es wird von einem als „Clostridium botulinum“ bezeichneten Erreger abgeschieden, der sich in verdorbenen Speisen – insbesondere Fleisch – bildet und bei Verzehr zu Vergiftungserscheinungen führt (Botulismus).

Der Einsatz von Botulinumtoxin in der Dermatologie umfasst die Therapie der primären Hyperhidrosis sowie die Behandlung hyperkinetisch bedingter Mimikfalten. Etwa 0,5 bis zwei Prozent der Bevölkerung leiden an anfallsartigen Schweißausbrüchen. „Hyperhidrose ist kein lebensbedrohlicher Zustand, aber eine Erkrankung, die die Lebensqualität und die Freude am Leben empfindlich beeinträchtigen kann“, so Heckmann. Inzwischen lägen mehr als 70 internationale Publikationen zu Botulinumtoxin und Hyperhidrosis vor, in denen durchweg eine verlässliche Wirkung und eine gute Verträglichkeit resümiert werde, erklärt Heckmann weiter. Auch im Bereich der ästhetischen Medizin gilt das Toxin als sichere und zufriedenstellende Therapieoption. Um beispielsweise ausgeprägte Zornesfalten zu beseitigen, reiche eine einfache, kaum schmerzhafte Injektion, um den gewünschten Effekt zu erzielen, erläutert Heckmann. Als besonderen Vorteil gegenüber operativen Eingriffen erachtet er die nach drei bis sechs Monaten nachlassende Wirkung des Botulinumtoxins, durch die eine problemlose Rückkehr in den Ausgangszustand möglich ist.

Ein weiterer Einsatzbereich des Mittels ist die Schmerztherapie. Es wird vor allem zur Behandlung von Erkrankungen angewendet, die durch eine unangemessen hohe Muskelkontraktion charakterisiert sind, z.B. spastische Bewegungsstörungen. So trägt Botulinumtoxin unter anderem zur Normalisierung übermäßiger Muskelspindelaktivität und muskulärer Hyperaktivität bei. Die Wirksamkeit der Behandlung von Schmerzen bei muskulärer Hyperaktivität ist empirisch gut belegt. Bei anderen Einsatzgebieten, beispielsweise bei primären Kopfschmerzen, differieren noch die Ansichten zur Dosierung, zu Injektionsarealen und zum methodischen Vorgehen. Die teilweise widersprüchlichen Befunde erfordern aber weitere Studien.

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