Was ist eigentlich ein Phänomen?

„Interessanterweise bezeichnen Forscher völlig unterschiedlicher Disziplinen ihre Untersuchungsgegenstände oft schlichtweg als Phänomene“, so Jochen Apel, Philosoph an der Universität Heidelberg. „Dies ist erstaunlich, da der Begriff eines wissenschaftlichen Phänomens keineswegs klar definiert ist. Deshalb wollen wir Wissenschaftstheoretiker und Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche zusammenbringen und mit ihnen darüber diskutieren, was ein wissenschaftliches Phänomen auszeichnet.“

Vom 11. bis zum 13. September findet zu diesem Zweck am und in Kooperation mit dem Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg ein Interdisziplinäres Symposion mit dem Titel: „Data, Phenomena, Theories: What's the notion of a scientific phenomenon good for?“ statt, das sich dieser wichtigen Fragestellung widmet. Die Sprecher stammen aus den USA, Kanada, Großbritannien, den Niederlanden, Spanien und Deutschland. Vertreten sind – neben anderen – die Disziplinen Philosophie, Physik, Mathematik, Astronomie, Anthropologie und Psychologie. Gefördert wird das Symposium von der DFG sowie von der Stiftung der Universität Heidelberg.

Die Konferenz hat zwei Ziele. Zum einen sind Fachwissenschaftler eingeladen, anhand von Fallstudien ihr Verständnis des Begriffs eines wissenschaftlichen Phänomens darzulegen. Zum anderen sollen diese Definitionsvorschläge wissenschaftstheoretisch bewertet werden. Ist, so wird gefragt, eine bestimmte Verwendungsweise disziplinenspezifisch oder lässt sie sich auch auf andere Bereiche übertragen? Ist mit dem Ausdruck „Phänomen“ etwas anderes gemeint als mit dem Ausdruck „Datum“ oder „Theorie“? Falls ja, wodurch unterscheiden sich Phänomene von Daten einerseits und Theorien andererseits?

Die wissenschaftliche Verwendung des Ausdrucks „Phänomen“ reicht weit zurück, bis zur antiken Astronomie. In dieser Zeit verstand man unter Phänomenen die beobachtbaren Himmelserscheinungen, die es durch Naturgesetze zu erklären galt. Dieses Verständnis ist in der Neuzeit sowohl in den Wissenschaften als auch in der Wissenschaftstheorie zunehmend strittig geworden. Heute bezeichnen Wissenschaftler das, was sie erklären, weiterhin als Phänomene, jedoch handelt es sich dabei selten um beobachtbare Erscheinungen. Das, was beobachtet und gemessen wird, wird als Datum bezeichnet. Phänomene werden erst in einem zweiten Schritt aus diesen Daten erschlossen. Wenn aber Phänomene nicht beobachtet, sondern aus den Daten gewonnen werden, drängt sich die Frage auf, ob es Phänomene tatsächlich gibt oder sie nicht eher von Wissenschaftlern konstruiert werden.

Datum: 11. bis 13. September 2008
Ort: Internationales Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg, Hauptstraße 242, 69117 Heidelberg

Beginn: Donnerstag, 11. September 2008, 9.00 Uhr Teilnahme nur nach vorheriger Anmeldung

Veranstalter:
Prof. Dr. Andreas Kemmerling, Prof. Dr. Peter McLaughlin, Philosophisches Seminar der Universität Heidelberg

Emmy-Noether-Gruppe „Kausalität, Kognition und die Konstitution naturwissenschaftlicher Phänomene“

Rückfragen bitte an:
Pavel Radchenko
Philosophisches Seminar der Universität Heidelberg, Schulgasse 6
69117 Heidelberg
Tel. 0049-(0)6221 54 22 90
phaenomene@uni-heidelberg.de
Dr. Ellen Peerenboom
Geschäftsführerin des Internationalen Wissenschaftsforums der Universität Heidelberg
Hauptstraße 242
69117 Heidelberg
Tel. 06221 54 3690, Fax 165 896
iwh@uni-hd.de
Allgemeine Rückfragen von Journalisten auch an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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