Zitteraal: Gensequenzierung soll Geheimnisse lüften

Eine Forschergruppe hat im Wissenschaftsmagazin Journal of Fish Biology dazu aufgerufen, den Zitteraal (Electrophorus electricus) zu sequenzieren. Das volle Genom des mit elektrischen Organen ausgestatteten Fisches würde wesentliche Informationen für die Humanmedizin aber auch für die Nanotechnologie bringen, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature in seiner Online-Ausgabe.

Die Forscher erwarten sich nach der Erbgutentschlüsselung Erkenntnisse vor allem in der Humanmedizin. Konkret geht es um neue Ansätze bei der Behandlung von Wirbelverletzungen. Der Fisch zeige erstaunliche Regenerationsfähigkeiten nach Bissverletzungen, erklärt Studienautor James Albert, ein Fischbiologe der University of Louisiana in Lafayette. Sehr häufig werden Zitteraale von anderen Fischen attackiert und gebissen. „Man kann einem Zitteraal ein Drittel des Körpers abschneiden und das gesamte Gewebe inklusive dem Rückgrat wächst daraufhin wieder nach“, so der Forscher.

Doch auch die Elektroplax, das sind die Organe für die Stromherstellung, sind für die Wissenschaftler von Interesse. Diese umgebildeten Muskeln können hohe Spannungen freisetzen. Wissenschaftler wissen, dass jedes dieser Organe aus einer Vielzahl stromerzeugender Elemente besteht, von denen jedes nur eine geringe Spannung erzeugt. Ähnlich wie mehrere in Reihe geschaltete Batterien kann der Fisch Stromschläge mit einer Spannung von bis zu 500 Volt erzeugen. Das Wissen über die stromerzeugenden Organe könnte in der Humanmedizin zur Herstellung von elektrisch reizbaren Membranen für die Behandlung von Erkrankungen wie Parkinson, Epilepsie oder Muskeldystrophy herangezogen werden. „Das ist natürlich Science Fiction, weil wir hier über zukünftige Technologien spekulieren“, meint Albert.

Es ist nicht das erste Mal, dass Wissenschaftler öffentlich zu einer Gensequenzierung aufrufen. Das habe es schon bei der Pazifischen Auster und beim australischen Tammar Wallaby gegeben, schreibt Nature in seinem Kommentar. Eine volle Sequenzierung kostet bis zu zehn Mio. Dollar und muss zwischen sieben und zehn Mal durchgeführt werden, um alle vermeintlichen Fehler zu beseitigen. Normalerweise könnte man auch auf die so genannten Expressed-Sequence-Tags-Sequenzierung zurückgreifen, bei der nur die exprimierten Gene eines Lebewesens erfasst werden und die um einiges günstiger ist. „Allerdings sollte beim Zitteraal das gesamte Genom sequenziert werden“, meint Albert. Bereits 2005 haben Biologen den Wunsch an das Joint Genome Institute in Walnut Creek, Kalifornien, herangetragen, den Fisch zu dekodieren. Das Projekt wurde schließlich abgelehnt. Nun erhofft man sich durch den öffentlichen Aufruf eine weitere Chance.

Bisher wurden Tiere nur dann sequenziert, wenn man sich auch humanmedizinische Vorteile davon verspricht oder wenn es Erkenntnisse der menschlichen Evolution bringt. „Traditionellerweise hat man diese Tiere wie etwa den Schimpansen, die Maus oder das Opossum deswegen gewählt, weil sie irgendwie über die menschliche Biologie Aufschluss geben“, so Jeff Touchman, Forscher an der Arizona State University in Tempe. Touchmann sieht in der Entschlüsselung des Erbguts beim Zitteraal jedenfalls zahlreiche interessante Aspekte.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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