Trockenbearbeitung auf der AMB 2002 – Mit Volldampf zur Serienreife

Wenn vom 10. bis 14. September 2002 die AMB wieder ihre Tore öffnet, ist mit ihr ein Thema aktueller denn je: Die Trockenbearbeitung bzw. die damit eng verbundene Minimalmengenschmierung (MMS), die sich in der Vergangenheit langsam aber stetig vom Trendthema zur Serienreife entwickelt hat.

In den 50er Jahren eingeführt, erlaubte der Kühlschmierstoff (KSS) erstmals höhere Drehzahlen und Vorschübe an den damals eingesetzten Werkzeugmaschinen. Die neu entstehende Wärme wurde sicher abgeführt und nebenbei übernahm der KSS den Spänetransport. Die Werkzeugmaschinenhersteller richteten sich darauf ein und rüsteten ihre Maschinen mit immer umfassenderen KSS-Systemen aus. Doch was in den vergangenen Jahrzehnten seine Vorteile gehabt hat, ist mit wachsenden Umweltauflagen und gestiegenen Kosten heute vielfach mit Nachteilen verbunden. Neue Lösungen wurden gesucht und – schließlich auch gefunden.

Der Verzicht auf das Wunderwasser der 50er bedeutete zunächst die Rückkehr alter Probleme, doch waren ebensolche längst auch durch seinen Einsatz entstanden. Angefangen bei der zunehmenden Vernebelung durch weiter gestiegene Drehzahlen über Hautprobleme der Mitarbeiter bis hin zu der genannten Umwelt- und Kostenproblematik. Daher drehten findige Forscher und einige mutige Anwender den Kühlschmierstoffhahn kurzerhand ab. Die Ergebnisse waren zunächst zwar enttäuschend, doch anders als man hätte erwarten können. So floss ein Großteil der entstehenden Wärme in den Span, schlicht und einfach, da ihm unter den neuen Bedingungen die Zeit fehlte, auf das Werkzeug überzugehen. Das ließ Optimierungspotenziale aufkeimen und man konzentrierte sich auf alternative Schmiermethoden und insbesondere auf das Werkzeug und seine Geometrie. Letzterem kam die Tatsache zu Gute, dass zwischenzeitlich große Fortschritte in der Beschichtungstechnologie erzielt wurden. Als sich schließlich abzeichnete, dass mit geeigneten Werkzeugen und ggf. zusätzlicher Schmierung (z. B. in Form einer MMS) stabile Prozesse erreicht werden, stellten die ersten Maschinen- und Werkzeughersteller auch schon ihre trockenbearbeitungsgerechten Konzepte vor. Hier galt es vornehmlich, bei den hohen Zerspanleistungen für eine sichere Späneabfuhr zu sorgen. Für den universellen Einsatz erwies sich außerdem eine MMS, möglichst von innen durch die Spindel, als vorteilhaft.

Heute weiß man, dass auch vorhandene Maschinen vielfach mit vertretbarem Aufwand umgerüstet werden können. Vertretbar heißt, dass sich die Kosten der Umrüstung im Zeitraum von einem bis zwei Jahren durch die Einsparungen am Kühlschmierstoff amortisieren. Für viele Bearbeitungen reicht bereits eine von außen zugeführte MMS, so dass bei geeignetem Maschinenaufbau einer Quasi-Trockenbearbeitung nichts mehr im Wege steht. Ein idealer Einstieg in die neue Technologie für viele Anwender – erkannte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das bereits viele der grundlegenden Projekte zur Erforschung der Trockenbearbeitung gefördert hatte. So gründete es Anfang 2000 das „Technologienetz Trockenbearbeitung“, welches sich aus vier erfahrenen Technologiezentren (WZL Aachen, wbk Karlsruhe, ISF Dortmund und GFE Schmalkalden) sowie den Verbänden VDW und VDMA zusammensetzt.

Das Technologienetz Trockenbearbeitung (www.trockenbearbeitung.de) kann seither von interessierten Anwendern kostenfrei für einen Expertenbesuch im eigenen Betrieb herangezogen werden und wird auch auf der AMB 2002 präsent sein. Im Falle einer positiven Einschätzung zur Möglichkeit von Trockenbearbeitung bzw. MMS lassen sich auf Wunsch des Anwenders Stichversuche am eigenen Bauteil in den Labors der Institute durchführen – ebenfalls kostenfrei. Lediglich für die Seminare des Technologienetzes wird seit Anfang 2002 eine Teilnahmegebühr erhoben. Diese variiert je nach Umfang der Veranstaltung und kann bei den durchführenden Technologiezentren erfragt werden. Interessant ist, dass das Technologienetz Trockenbearbeitung als unabhängiger Berater fungiert und gleichzeitig die Praxiserfahrungen der Hersteller mit einbindet. Mit Hilfe der vier Institute und der beiden Verbände wurde ein bislang einmaliger Wissenspool geschaffen, der die Erfahrungen aus Forschung und Praxis zusammenführt. Durch die Förderung des BMBF und mit Unterstützung unabhängiger Experten ist es für den Anwender möglich, zuerst eine Aussage zur Einsatzfähigkeit und Rentabilität von Trockenbearbeitung im eigenen Hause zu erhalten und bei Bedarf die optimale technische Umsetzung einzuleiten.

Ist der Einstieg erst einmal geschafft, schwinden oft die anfänglichen Bedenken gegenüber der neuen Technologie. In diesem Fall können die Institute des Technologienetzes auch für weiterführende bilaterale Projekte herangezogen werden, oder aber der Anwender entwickelt auf eigene Faust weitere Strategien zur Trockenlegung. Eine besondere Erfahrung der Fachleute im Technologienetz ist, dass bei der praktischen Umsetzung der Trockenbearbeitung oftmals die Zerspanleistung gesteigert werden konnte. In der Vergangenheit waren z. B. höhere Schnittgeschwindigkeiten von 40% prozesssicher möglich, noch ohne dass Optimierungen durchgeführt wurden. Es lohnt sich also für manchen Anwender, die Trockenbearbeitung in Zukunft fest mit einzuplanen. Einen Einstieg ermöglicht das Technologienetz Trockenbearbeitung auch auf der AMB 2002 im CCB, Stand CCB.311. Neben der ausführlichen Präsentation des Technologienetzes auf einem 45qm großen Stand wird das WZL weiterhin die Interessenten auf einer Vortragsveranstaltung umfassend zu den Möglichkeiten von MMS und Trockenbearbeitung informieren.

Weitere Informationen zur Trockenbearbeitung und MMS gibt es während der AMB 2002 auch bei den Anbietern dieser zwischenzeitlich zur Serienreife gelangten Technologie. Bei den Maschinenherstellern haben immer mehr Anbieter „trockene“ Serienmaschinen im Programm. Doch auch bei den übrigen Herstellern lohnt sich ein Gespräch. Entsprechende Ausstattungen auf Kundenwunsch sind oftmals kein Problem. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Werkzeugherstellern: Nahezu alle Anbieter von Zerspanungswerkzeugen verfügen über umfangreiche Erfahrungen beim Trockenschnitt und haben entsprechende Werkzeuge im Angebot. Speziell ausgelegt auf Trockenbearbeitung oder MMS lassen sich damit in vielen Fällen höhere Standzeiten erreichen als bislang bei herkömmlicher Nassbearbeitung.

Umfragen haben ergeben, dass über drei Viertel der Automobilhersteller und -zulieferer bei Neumaschinen inzwischen auf die Befähigung zur Trockenbearbeitung bzw. MMS achten. Dies verwundert nicht, muss sich eine Maschine doch auf lange Sicht für den Anwender bezahlt machen. Da kommt nachhaltigen Einspareffekten auf der Betriebskostenseite – sowie mit steigendem Grad der Umstellung auch bei der Infrastruktur – eben eine besondere Bedeutung zu. Und wenn sich dann noch prozesssicher eine höhere Zerspanleistung einstellen lässt, hat der Anwender sprichwörtlich nicht nur seine Schäfchen, sondern auch seine Werkstücke endgültig im Trockenen.

Media Contact

Dipl.-Ing. (FH) Charlotte Sälzer ots

Weitere Informationen:

http://www.trockenbearbeitung.de

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