Künstliches Hüftgelenk im Dauertest

Mit dem Hüftsimulator können Prothesen auf ihre Haltbarkeit überprüft werden. Foto: Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg

Mit einem "Hüftsimulator" untersucht die Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg Prothesen auf ihre Haltbarkeit

Zehn Jahre, 15 oder gar 20 Jahre? Wie lange hält ein künstliches Hüftgelenk? An der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg untersucht jetzt ein "Hüftsimulator" im Dauertest, welchem Verschleiß Hüftendoprothesen durch ständige Belastung ausgesetzt sind. Das Gerät wurde – gemeinsam mit weiteren Laborgeräten zur Erforschung der Haltbarkeit von künstlichen Gelenken – durch Fördermittel des Landes Baden-Württemberg in Höhe von insgesamt 900.00 Euro finanziert.

Das Biomechanik-Labor der Heidelberger Klinik ist eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland, die derartige Tests vornehmen kann. Dort laufen mehrere Studien, die bereits bewährte sowie neue Prothesen im Labor und bei Patienten auf ihre Haltbarkeit prüfen.

In Deutschland werden jedes Jahr bei rund 200.000 Patienten Hüfttotalendoprothesen implantiert. Ihr Hüftgelenk ist durch langjährigen Verschleiß (Arthrose) zerstört: Schmerzen, und Entzündung machen das Gehen zur Qual – oder sogar unmöglich. Wird das zerstörte Hüftgelenk bei einer Operation entfernt und durch ein künstliches Gelenk ersetzt, kann der Patient seine schmerzfreie Beweglichkeit wiedererlangen – im besten Falle sogar Ausdauersport treiben. An der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg werden jährlich rund 500 Operationen zum Hüftgelenksersatz vorgenommen.

Labortests entschlüsseln Verschleiß der künstlichen Gelenke

Doch haben Prothesen eine beschränkte Lebensdauer "Die derzeit verwendeten Modelle halten im Durchschnitt rund 15 bis 20 Jahre", erklärt Professor Dr. Volker Ewerbeck, Ärztlicher Direktor an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg. Wie bei jedem anderen technischen Gelenk findet ein Verschleiß statt: Die Prothese muss dann möglicherweise ersetzt werden.

Eine wichtige Rolle spielen dabei die so genannten Abriebpartikel. Der künstliche, kugelförmige Gelenkkopf des Oberschenkels bewegt sich in der Gelenkpfanne, die im Beckenknochen verankert ist. Dabei entsteht Reibung, und es kommt zum Verschleiß. Als Materialien für eine Prothese kommen Metalllegierungen, Keramiken und Kunststoffe zum Einsatz. "Aus den Prothesen werden Abriebpartikel und Metallionen freigesetzt, die zu Entzündungen im Gelenk und im umgebenden Gewebe führen können", erklärt Jan Philippe Kretzer, Ingenieur und technischer Leiter des Heidelberger Biomechanik-Labors. Dadurch kann langfristig die Knochenstruktur aufgelöst und die Verankerung der Prothese im Knochen gelockert werden.

Das Heidelberger Labor wurde 1996 durch den leitenden Oberarzt PD Dr. Marc Thomsen aufgebaut. Dort wird seitdem unter seiner Leitung erforscht, welche biomechanischen Prozesse bei Gelenkprothesen eine Rolle spielen. Am neuen Hüftsimulator können gleichzeitig zwei Prothesen dem Belastungsstress von mehreren Jahren im Schnelldurchlauf ausgesetzt werden. Fünf Jahre Belastung können mit dem genormten Gerät in acht Wochen simuliert werden.

Welche Stoffe werden beim Verschleiß der Prothese freigesetzt?

Eine besonders empfindliche Methode ergänzt die mechanischen Tests: Im Rahmen einer Kooperation mit dem Institut für Umwelt-Geochemie der Universität Heidelberg wird mit Hilfe eines hochauflösenden Massenspektrometers (hr-ICPMS) gemessen, welche Ionen aus dem künstlichen Gelenk, das aus einem Gemisch von Kobalt, Chrom und Molybdän besteht, entweichen.

In einer klinischen Studie führt Dr. Christian Heisel an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg Messungen der Zusammensetzung von Abriebpartikeln im Blut bei Patienten durch. Durch dieses Verfahren lassen sich die Untersuchungen im Labor und die klinischen Untersuchungen am Patienten miteinander vergleichen.

Bei Rückfragen:
Prof. Dr. Volker Ewerbeck:
Telefon (Sekretariat): 06221 96 6302

PD Dr. Marc Thomsen:
Telefon: 06221 968426, E-Mail: thomsen@implantatforschung.de

Dipl.-Ing. Jan Philippe Kretzer:
Telefon: 06221 969209, E-Mail: kretzer@implantatforschung.de

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Dr. Annette Tuffs idw

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