Erstmals in Deutschland: Neuromonitoring und Mikrochirurgie mildern Spastik bei frühkindlicher Zerebralparese

Eine neuartige Operation kann die Muskelspannung bei einer Spastik mildern, unter der viele Patienten mit infantiler Zerebralparese, einer Form der frühkindlichen Hirnschädigung, leiden.

In dem mehrstündigen Eingriff werden unter dem Mikroskop gezielt Nervenfasern in Rückenmarksnähe durchtrennt. Dies unterbindet den Reflex, der die Spastik unterhält, erläutert PD Dr. med. habil. Hannes Haberl, Leiter des Arbeitsbereiches Pädiatrische Neurochirurgie der Berliner Charité, den operativen Eingriff, den Mediziner selektive dorsale Rhizotomie (SDR), nennen. Diese Operation wird zusammen mit einem Neuromonitoring auf dem Hauptstadtkongress der DGAI erstmals der deutschen Öffentlichkeit vorgestellt.

„Die Operation kann das Leben vieler kleiner Patienten zum Besseren verändern“, sagt Haberl. Vor der Operation leiden die Kinder unter einer schweren Gangstörung. Diese wird von einer permanenten Anspannung der Muskeln verursacht und verhindert eine normale Fortbewegung. Oft können Patienten sich nur auf Zehenspitzen und nur wenige Meter fortbewegen. Viele sind an den Rollstuhl gebunden.

„Nach der Operation verbessert sich das Steh- und Gehvermögen wesentlich“, so Haberl. Die durch die Spastik ausgelösten Gelenkschmerzen werden gemildert und es sind weniger orthopädische Korrekturen notwendig, so der Experte weiter.

Die selektive dorsale Rhizotomie ist ein mikrochirurgischer Eingriff. Im Gegensatz zu allen bisherigen operativen Ansätzen kommt sie mit einem minimalen Zugang zur Wirbelsäule aus. Über einen fünf Zentimeter kurzen Schnitt am Rücken öffnet Haberl den Wirbelkanal dort, wo sensorische Nervenfasern – sie leiten Informationen in Richtung Rückenmark – leicht von den motorischen Fasern – sie steuern die Muskeln – getrennt werden können.

Mit Hilfe eines speziellen Messverfahrens, dem intraoperativen neurophysiologischen Monitoring, werden unter den sensorischen Fasern jene gesucht, die besonders viele spastische Impulse übertragen. „Nur diese werden dann durchtrennt – und damit der Nervenreflexbogen unterbrochen, der auf der Ebene des Rückenmarks die Spastik auslöst“, erläutert Frau Dr. rer. medic. Simone Wolter von der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin an der Charité in Berlin. Übrig bleiben nur die gesünderen Fasern, die die Funktionsfähigkeit aller Wurzeln aufrechterhalten. Ohne dieses spezielle Monitoring wäre diese innovative Operation undenkbar.

Da bis zu 60 Messungen notwendig sind, kann die Operation bis zu fünf Stunden dauern, zwei Tage später können die Kinder das Bett verlassen, erläutert Haberl, der die Operation in den USA kennen gelernt hat, wo sie entwickelt wurde. Sie ist aber nicht für alle Patienten geeignet. Der Erfolg hänge von der richtigen Auswahl und Vorbereitung der Patienten ab, aber auch von Narkoseführung und Schmerztherapie bis hin zur kinderärztlichen und psychologischen Nachbetreuung. Alle Komponenten müssen stimmen, sagt Haberl: „Die Rhizotomie ist nicht nur eine Operation – sie ist ein komplettes Behandlungsprogramm“. Infrage kämen sie für etwa 7000 bis 8000 Patienten unter 18 Jahren, bei denen die Beine besonders stark von der Spastik betroffen sind.

TERMINHINWEISE

Kongress-Pressekonferenz
Donnerstag, 13. September 2007, 11.00 bis 12.00 Uhr
Berliner Congress Center (bcc), Raum C04; Berlin
LIVE-OP
Intraoperatives Neuromonitoring „IONM-live“
bei einer selektiven dorsalen Rhizotomie
Live-Schaltung für Journalisten: 14. September 2007, 12.00 bis 13.00 Uhr;
Hörsaal 3, Lehrgebäude, Charité Campus- Virchow Klinikum,
Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin
Im Internet
Beschreibung der Operation durch die US-Klinik, die die Operation eingeführt
hat (mit Abbildungen):
http://www.stlouischildrens.org/tabid/96/itemid/1540/About-Selective-Dorsal-
Rhizotomy.aspx
Hauptstadtkongress der DGAI
für Anästhesiologie und Intensivtherapie (HAI 2007)
13. bis 15. September 2007, bcc Berliner Congress Center
KONGRESS-PRESSEKONFERENZ
DONNERSTAG, DEN 13. SEPTEMBER 2007, 11.00 BIS 12.00 UHR,
RAUM C04, BCC BERLINER CONGRESS CENTER, ALEXANDERSTR. 11, 10178 BERLIN
Ihre Themen und Referenten:
* Highlights des Kongresses „Anästhesiologie: Zwischen Innovation und
Dienstleistung“
* Alkoholabusus – Risikofaktoren für die Anästhesie und Intensivmedizin
Professor Dr. med. Claudia Spies, Kongresspräsidium HAI 2007, Direktorin der
Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Champus Charite
Mitte, Berlin
* Können wir uns ärztliche Weiterbildung noch leisten?
Professor Dr. med. Joachim Radke, Kongresspräsidium HAI 2007, Direktor der
Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin,
Martin-Luther-Universitätsklinik Halle-Wittenberg
* Selektive dorsale Rhizotomie: Deutschlandweit erstmalig Besserung der
Spastik an Kinderbeinen durch Operation (Ausblick auf die Live-OP)
PD Dr. med. Hannes Haberl, Klinik für Neurochirurgie, Charité, Berlin
Dr. med. Simone Wolter, Klinik für Anästhesiologie und operative
Intensivmedizin, Charité, Berlin
* Schmerzkonsiliar-(Dienst)leistung für spezielle Patientengruppen: Was tun
bei Phantomschmerzen?
Professor Dr. med. Michael Schäfer, Klinik für Anästhesiologie und operative
Intensivmedizin,
Charité, Berlin
* Adipositas und OP: Zusätzliche Risiken? Zusätzliche Kosten?
Professor Dr. med. Jochen Strauß, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie,
Helios Klinikum Berlin-Buch
* Neue Beatmungsstrategien bei akutem Lungenversagen: Wie helfen
„Kunstlungen“ dem Patienten?
Dr. med. Steffen Weber-Carstens, Klinik für Anästhesiologie und operative
Intensivmedizin,
Charité, Centrum 07, Campus Virchow-Klinikum, Berlin
ANTWORTFORMULAR
___Ich werde den HAI 2007 in Berlin persönlich besuchen.
___Ich werde die Kongress-Pressekonferenz am 13. September persönlich
besuchen.
___Ich werde die Live-OP am 14. September persönlich besuchen.
___Bitte informieren Sie mich kontinuierlich über die Themen des Kongresses
___per Post/___per E-Mail.
___Ich kann leider nicht kommen. Bitte schicken sie mir die Pressemappe.
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TEL/FAX:
E-MAIL:
Pressekontakt für Rückfragen:
DGAI Pressestelle
Silke Jakobi
Postfach 30 11 20
D-70451 Stuttgart
Tel.: 0711 89 31 – 163
Fax: 0711 89 31 – 167
E-Mail: jakobi@medizinkommunikation.org

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idw

Weitere Informationen:

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