Neuer Weg zu atomar dünnen Materialien

Herstellung von Titancarbid-MXenen durch selektives Entfernen von Silizium aus Ti3SiC2. (c) Wiley-VCH

Als Materialien für Elektroden in Akkus und Superkondensatoren haben sich aufgrund ihrer metallischen Leitfähigkeit und ihrer Wasserverträglichkeit sogenannte MXene etabliert. Darüber hinaus eignen sie sich für Anwendungen wie die photothermische Krebstherapie, elektromagnetische Abschirmung, Wasseraufbereitung und Gassensorik.

In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen Forscher jetzt eine neue Methode zur Herstellung des MXenes Titancarbid vor. Anstatt das konventionelle, aber teure Titanaluminiumcarbid zu verwenden, ätzen sie Silizium selektiv aus Titansiliziumcarbid heraus, das eine kostengünstigere und gebräuchlichere Vorstufe darstellt.

Zweidimensionale Materialien aus extrem dünnen Lagen, die nur wenige Atome dick sind, haben einzigartige Eigenschaften, die ganz anders ausfallen als die ihrer dreidimensionalen Varianten. Prominentestes Beispiel ist Graphen, das aus einer einzelnen Lage von Kohlenstoffatomen besteht. 2011 wurde an der Drexel University (Philadelphia, USA) eine neue Klasse zweidimensionaler Materialien synthetisiert: Diese sogenannten MXene werden aus Übergangsmetall-Carbiden und –Nitriden hergestellt.

Das M steht dabei für ein Übergangsmetall, wie Titan, Vanadium oder Molybdän, das X kann Kohlenstoff und/oder Stickstoff sein. Viele verschiedene Verbindungen dieses Typs sind möglich, etwa 30 wurden bereits experimentell bestätigt, Dutzende weitere werden erwartet. Titancarbid Ti3C2 ist ein bekanntes MXen.

Um die begehrten MXene zu erhalten, muss man einen Umweg wählen: Aus schichtartig aufgebauten Carbiden bzw. Nitriden, die als MAX-Phasen bezeichnet werden, ätzt man mit Flusssäure selektiv die Schichten aus dem „A-Element“ heraus, einem Element der 3. oder 4. Hauptgruppe, beispielsweise Aluminium, Silicium oder Germanium. So lässt sich Titancarbid durch Herausätzen von Aluminium aus Titanaluminiumcarbid Ti3AlC2 gewinnen.

Dieser Ausgangsstoff ist jedoch teuer und die Herstellung ist komplex. Das Silizium-Analogon Titansiliziumcarbid Ti3SiC2 ist dagegen kommerziell erhältlich und günstiger. Ti3SiC2 war die erste MAX-Phase, die Wissenschaftler der Drexel University 2011 selektiv mit Flusssäure ätzen wollten. Sie blieben jedoch erfolglos, da die Siliziumatome sehr fest an die benachbarten Übergangsmetallatome gebunden sind.

Das Team um Yury Gogotsi von der Drexel University hat nun eine erfolgreiche Verfahrensvariante entwickelt: Durch Zugabe eines Oxidationsmittels konnten sie die Bindungen schwächen und Silizium oxidieren. Mit Mischungen aus Flusssäure und einem Oxidationsmittel wie Salpetersäure, Wasserstoffperoxid oder Kaliumpermanganat gelang es dem Team, Titancarbid-MXene durch selektives Entfernen von Silizium aus Ti3SiC2 herzustellen.

Nach dem Ätzen bleiben stapelartig angeordnete Titancarbid-Strukturen übrig, die sich zu einzelnen Schuppen von etwa einem Nanometer Dicke delaminieren lassen. Mit der neuen Methode konnten die Forscher flexible, elektrisch leitfähige Titancarbid-Filme in größeren Mengen herstellen.

Die neue Methode könnte die Produktion von MXenen vereinfachen und eröffnet Wege zur Herstellung neuer MXene und verwandter zweidimensionaler Materialien aus Silizium-haltigen Vorstufen. So ließe sich die Palette zweidimensionaler Nano-Schichten erweitern, die Wissenschaft und Technik zur Verfügung steht.

Angewandte Chemie: Presseinfo 09/2018

Autor: Yury Gogotsi, Drexel University (USA), http://nano.materials.drexel.edu/

Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201802232

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

http://presse.angewandte.de

Media Contact

Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer