FH Nürnberg: Studenten entwickeln Prüfanlage zum Test von Tischtennisschlägern

Die Prüfanlage und ein zu prüfender Schläger

Jeder Tischtennisspieler, der sich dem „untersten Anfängerniveau“ entwachsen fühlt, greift nicht mehr zum erstbesten, sondern sucht sich einen zu seiner Spielweise (Angriff, Abwehr) passenden Schläger. Dazu kann er beispielsweise die auf der Verpackung angegebenen Daten zur Härte, zum Belagtyp und zur Schwammstärke zu Rate ziehen. Dabei handelt es sich jedoch um Eigenschaften, die die Qualität des Schlägers nicht reproduzierbar kennzeichnen. Studenten der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule haben für die genaue Klassifizierung ein Verfahren entwickelt.

Es gibt eine relativ einfache Möglichkeit, die Eigenschaften eines Tischtennisschlägers festzustellen: Wird ein Tischtennisball senkrecht hochgeworfen und trifft er beim Herunterfallen auf einen waagerecht bewegten Schläger, so fliegt der Ball mit einem gewissen „Spin“, also einer bestimmten „Drehung“ entlang einer bestimmten Bahn. Bei Variation des Holzes oder des Belags des Schlägers ergeben sich jeweils andere Spins und Flugbahnen. Aus der Form der Bahn bzw. dem Spin des Balles ist es möglich, auf die Eigenschaften des Schlägers zu schließen. Erfolgt die Bewegung des Schlägers mit einer konstanten Geschwindigkeit und fällt der Ball immer aus der gleichen Höhe auf den Schläger, so ist die resultierende Flugbahn reproduzierbar und es lassen sich daraus quantitative Rückschlüsse auf die Eigenschaften des jeweils verwendeten Tischtennisschlägers ziehen.

Aufgrund dieser Überlegungen haben zwei Studenten der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg im Rahmen von zwei Diplomarbeiten eine automatisierte Prüfeinrichtung zur Bewertung der Eigenschaften von Tischtennisschlägern geplant, entwickelt und realisiert. Planung und Entwicklung der Prüfeinrichtung waren Schwerpunkt der Diplomarbeit von Ralf Haselmann, Realisierung und Optimierung wurden in der Diplomarbeit von Wolfgang Beck vorgenommen. Die beiden Studenten des Feinwerktechnik-Studienschwerpunkts „Produktions- und Automatisierungstechnik“ wurden von Prof. Dr. Herbert Forster betreut, in dessen Labor die Anlage aufgebaut wurde.

Der Aufbau ist in Abb.1 und Abb. 2 zu erkennen. Ein Tischtennisschläger ist in der Schlägeraufnahme befestigt. Diese erzeugt durch Rotation die waagerechte Bewegung des Schlägers. Die Rotationsgeschwindigkeit in der Schlägermitte kann von zwei m/s bis zehn m/s variiert werden. Der senkrechte Wurf des Balles wird durch freien Fall nachgebildet. Ein in die Prüfeinrichtung eingelegter Ball wird automatisch mittels Druckluft durch ein Rohr mit aufgestecktem Schlauch (Abb.1) in eine Vorrichtung (Abb.2) in ca. 2m Höhe befördert und genau dann fallengelassen, wenn sichergestellt ist, dass er den rotierenden Schläger möglichst in der Mitte trifft. Die nach dem Auftreffen entstehende Flugkurve mit dem Spin des Balls wird durch eine Digitalkamera erfasst und an einen PC weitergeleitet. Der Kreislauf in der Anlage wird geschlossen durch automatischen Rücktransport des abgeschlagenen Balles in die Abwurfeinrichtung.

Damit die gesamte Bahn des Tischtennisballs auf dem Bild zu erkennen ist, muss eine Langzeitbelichtung von ca. 1s vorgenommen werden. Dazu wird an der Digitalkamera eine Belichtungszeit von 1s eingestellt, der Raum abgedunkelt und die Prüfeinrichtung mit einem Stroboskop belichtet. Aus der Position des Balls, der auf dem Bild an mehren Stellen der Flugbahn „eingefroren“ ist, lassen sich dann mit Hilfe eines Grafikprogramms quantitative Aussagen über den Verlauf der Flugbahn und somit über die Schlägereigenschaften ableiten. Daher kann eine eindeutige Zuordnung des Schlägertyps zu vorgegebenen Qualitätsmerkmalen erfolgen. Wird der Ball an verschiedenen Stellen unterscheidbar markiert, so kann auch sein Spin ermittelt werden.

Mit der geschilderten Prüfeinrichtung ist es erstmals möglich, die Eigenschaften von Tischtennisschlägern objektiv und quantitativ zu bewerten. Bisher haben schon mehrere Sportartikelhersteller Interesse an den beiden Diplomarbeiten gezeigt; ein Beweis dafür, dass hier ein praxisnahes Thema aufgegriffen wurde, das sicher in weiteren Diplomarbeiten noch vertieft werden kann.

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Thoralf Dietz idw

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