Innovation für die Chip-Produktion

Der neu entwickelte 300 mm-Wafer-Chuck. Foto: IGAM

Groß wie eine Pizza sind die Silizium-Wafer, auf denen heute Chips produziert werden. Doch anders als Pizzen müssen die Wafer fast absolut eben sein. Befindet sich bei der Pizza der Belag geschichtet auf dem Teig, so verlaufen die Kontakte zwischen den Halbleitern im „Wafer-Teig“. Diese Vernetzung in der „Silizium-Pizza“ hat derzeit im Durchschnitt eine Strukturbreite von 90 Nanometern (nm). Das ist im Vergleich zu einem Meter so klein, wie ein Völkerball neben der Erde. Wird es wesentlich unebener, ist ein fertig prozessierter 300 mm-Wafer, der etwa so viel wie ein Porsche kostet, nicht mehr zu gebrauchen. Derzeit ist die Ausbeute bei dieser Produktionslinie noch relativ niedrig.

Materialwissenschaftler der Universität Jena haben in den letzten vier Jahren die Magdeburger Firma IGAM dabei unterstützt, die Wafer-Fertigung zu verbessern. Dort sind nach fast siebenjähriger Forschungs- und Entwicklungsphase aktiv verstellbare Wafer-Halter, so genannte Chucks, entstanden.

Die „Piezo-Chucks“ seiner Firma, betont IGAM-Geschäftsführer Dr. Christian-Toralf Weber, ermöglichen zum einen „mehr Flexibilität in der Produktion“. Außerdem sollen bis 2010 die Strukturbreiten auf unter 50 nm gesenkt – bei einer Toleranz von 10 nm – und die Ausschussrate reduziert werden.

Mittel für diese deutliche Qualitätsverbesserung und Kostenersparnis sind die neu entwickelten und seit 2002 gemeinsam mit der Universität Jena patentierten Piezo-Chucks, die vor kurzem mit dem 2. Platz beim 2006er Innovationspreis Sachsen-Anhalts ausgezeichnet wurden und vom 10. bis 14. Juli auf der renommierten Halbleitermesse „Semicon West“ in San Francisco (USA) ausgestellt werden.

Für die Herstellung von Chips aus Wafern wird eine spezielle Poliertechnologie angewandt. Dieses hochkomplexe Abtragsverhalten, das durch Materialunterschiede, lokale Verformungen und Polierdrücke beeinflusst wird, kann durch den Piezo-Chuck stabilisiert und verfeinert werden. Denn dank seiner individuellen Reaktionsfähigkeit kann gezielt Druck auf den Wafer ausgeübt und im Nanometerbereich justiert werden. Dabei ist die Elektronik mit Prozessor und Datenübertragungsmodul auf dem Polierwerkzeug angebracht.

IGAM setzt in seinem Chuck Piezokeramik-Aktoren ein: 39 Stück bei einem 300 mm-Waferchuck. Diese können frei angesteuert und einzeln durch Strom verformt werden, um die Verformung des Wafers zielgerichtet zu beeinflussen.

Dieses Kernstück der Magdeburger Innovation ist im Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie der Universität Jena getestet und weiterentwickelt worden. Das Team um Projektleiter Dr. Volker Herold konnte für die komplizierte Messung der Druckverteilung zwischen Wafer und Poliertuch auf die speziellen Messgeräte und Werkzeugmaschinen des Instituts zur Präzisionsbearbeitung von Oberflächen zurückgreifen – und auf Erfahrung. Das und das „hier vorhandene breite Anwendungswissen“ in Optik, Mess- und Fertigungstechnik war für Weber ein wichtiger Grund, die Jenaer Universität als Partner zu gewinnen.

Bei diesem Entwicklungsprojekt stand auch Herolds Team vor neuen Herausforderungen: Wie messe ich die Oberflächenform des Wafer-Chucks unter Betriebsbedingungen, da die Oberfläche ja nicht frei zugänglich ist? Und wie justiert man das System? waren nur zwei von zahlreichen Fragen, auf die die Jenaer Materialexperten nun Antworten haben – und nebenbei ein spezielles berührungsloses Messverfahren entwickelten. „Die Präzisionsbearbeitung und die Bewertung der Geometrie waren der maßgebliche Anteil, der in Jena geleistet wurde“, unterstreicht Weber.

Nun geht das Gerät in Dresden in die Erprobungsphase, um eine industrienahe Produktion zu testen. Doch während der „Prototyp“ nun seinen Industrie-Test durchläuft und auf den Serieneinsatz hofft, haben IGAM und die Jenaer Materialwissenschaftler inzwischen eine komplette Reihe von Wafer-Chucks entwickelt. Auch wenn sich zukünftige Entwicklungen auf 300 mm-Wafer konzentrieren, so haben die kleineren Dimensionen doch noch eine große wirtschaftliche Bedeutung. Dafür können die Partner mittlerweile auch Chucks für 150 mm-, 200 mm- und 300 mm-Wafer zur Verfügung stellen.

Flexibilität und Auswahl haben halt große wirtschaftliche Bedeutung: in der Chip-Fertigung wie beim (Pizza-)Essen.

Kontakt:
Dr. Volker Herold
Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie der Universität Jena
Löbdergraben 32, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 947753
E-Mail: volker.herold@uni-jena.de
Dr. Christian-Toralf Weber
IGAM – Ingenieurgesellschaft für angewandte Mechanik mbH
Steinfeldstr. 3-5, 39179 Barleben/Magdeburg
Tel.: 039203 / 898980
E-Mail: weber@igam-mbh.de

Media Contact

Axel Burchardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de/

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