Die materielle Lage der älteren Bevölkerung: Beachtliche Disparitäten bei gegenwärtig noch hohem Lebensstandard!

Vor allem zwischen Rentnern und Pensionären sind große – aber bisher wenig beachtete – Einkommens- und Wohlstandsdisparitäten festzustellen. Zu diesen Ergebnissen kommen Dr. Heinz-Herbert Noll und Dr. Stefan Weick von GESIS-ZUMA (Mannheim) in ihrer Studie auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und des Soziooekonomischen Panels.

Gemessen an der relativen Einkommensposition (in % des durchschnittlichen bedarfsgewichteten Haushaltseinkommen der Gesamtbevölkerung), liegt das Wohlstandsniveau der Ruhestandsbevölkerung nur geringfügig unter dem der Erwerbsbevölkerung. So beträgt die relative Einkommensposition westdeutscher Männer im Kernerwerbsalter (20-54 Jahre) 108% des gesamtdeutschen Durchschnittseinkommens und die der 65-Jährigen und älteren 104%.

Die Einkommenspositionen der Personen im Rentenalter sind zwischen 1984 und 2005 deutlich gestiegen, während sie in der Erwerbsbevölkerung in diesem Zeitraum leicht gesunken sind. Am Ende der Beobachtungsperiode zeigt sich jedoch – anders als bei den übrigen Altersgruppen – eine Verschlechterung der Einkommensposition der Personen im Rentenalter. Während Personen im Ruhestand in Ostdeutschland fast ausschließlich Einkommen aus Renten beziehen, tragen in Westdeutschland auch andere Einkünfte zum Auskommen im Alter bei. Gemessen an den Konsumausgaben und dem Vermögen stellt sich die materielle Lage der älteren Bevölkerung noch günstiger dar als hinsichtlich der Einkommen.

Allerdings ist die heutige Ruhestandsbevölkerung auch durch ein hohes Maß an Ungleichheit geprägt, die z.T. größer ist als in der Erwerbsbevölkerung. Disparitäten in der materiellen Lage der älteren Bevölkerung sind nicht nur zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Ost- und Westdeutschen zu beobachten. Die drastischsten Niveauunterschiede finden sich zwischen Rentnern und Pensionären und haben sich im Zeitverlauf kontinuierlich vergrößert: Während die Einkommen der Rentner über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten lediglich von 80% (1983) auf 84% (2003) der Durchschnittseinkommen gestiegen sind, haben sich die Pensionäre im gleichen Zeitraum von 114% auf 145% verbessert (Angaben beziehen sich wegen der geringen Zahl von Pensionären in Ostdeutschland nur auf Westdeutschland). Die vergleichsweise günstige materielle Lage der heutigen Ruhestandsbevölkerung wird daher zu einem beachtlichen Teil durch die besonders privilegierte Situation der Pensionäre geprägt.

In die präsentierten Ergebnisse gehen die jüngeren Rentenreformmaßnahmen, die zu einem erheblichen Teil Rentenkürzungen zur Folge haben werden, noch nicht oder nur in geringem Maße ein. Dennoch sind bereits erste Anzeichen einer Verschlechterung der materiellen Lage der Altenbevölkerung zu erkennen. Es ist in jedem Falle absehbar, dass der gegenwärtig im Durchschnitt noch hohe Lebensstandard im Alter in Zukunft keinen Bestand haben und materielle Unterversorgung wieder an Bedeutung gewinnen wird.

Heinz-Herbert Noll und Stefan Weick (2008): Beachtliche Disparitäten bei gegenwärtig noch hohem Lebensstandard. Analysen zur materiellen Lage der älteren Bevölkerung im Vergleich. In: Informationsdienst Soziale Indikatoren, Heft 39, S. 6-11 (http://www.gesis.org/Publikationen/Zeitschriften/ISI/pdf-files/isi-39.pdf)

Kontakt:

Dr. Heinz-Herbert Noll
GESIS-ZUMA, Mannheim
Tel.: 0621 / 1246-241
heinz-herbert.noll@gesis.org
Dr. Stefan Weick
GESIS-ZUMA, Mannheim
Tel.: 0621 / 1246-245
stefan.weick@gesis.org

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Kerstin Hollerbach idw

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