Schwarze Raucher als sprudelnde Quelle des Lebens

Eigentlich interessiert sich Prof. Dr. Harald Strauß vom Lehrstuhl für historische und regionale Geographie der WWU Münster für die Entwicklungsgeschichte der frühen Erde, für die geochemischen Aspekte der Evolution. Doch um die zu untersuchen, unternimmt der Geologe Ausflüge in die Gegenwart. Gerade ist er wieder von einer Fahrt in den Atlantik zurückgekommen, wo er auf der „Maria S. Merian“, dem Anfang des Jahres in Dienst gestellten, modernsten deutschen Forschungsschiff, so genannte „Schwarze Raucher“ untersucht hat.

Schwarze Raucher sind hydrothermale Quellen auf dem Meeresboden. Entdeckt wurden sie erst 1977. Bis dahin war man davon ausgegangen, dass in der lichtlosen, nährstoffarmen und lebensfeindlichen Umwelt der tiefen Meere kaum Leben existiere. Die Schwarzen Raucher aber sind Austrittsöffnungen von bis zu 400 Grad heißem Wasser, das mit einem Cocktail aus verschiedenen chemischen Elementen angereichert ist. Vor allem Schwefel und Eisen, aber auch Kupfer und Zink sowie andere Mineralien werden ausgefällt und ergeben die charakteristische schwarze Fahne an der Austrittsöffnung.

Die Mineralien formen Schornsteine, die bis zu zehn Meter hoch werden können. Auf den Schwarzen Rauchern siedeln sich zahlreiche Tiere an, die am unteren Ende der Nahungskette stehen, Krebse beispielsweise, auch Garnelen. „Je weiter zurück man in die Vergangenheit geht, desto mehr Mosaiksteinchen fehlen“, erklärt Strauß. „Ich interessiere mich für die Rolle des Schwefels bei geologischen Prozessen, doch wenn wir alte Gesteine untersuchen, können wir immer nur die fertigen Produkte beobachten und niemals die Prozesse, wodurch sie entstanden sind. Deshalb ist die Untersuchung der Schwarzen Raucher so wichtig für meine Arbeit.“

Im Rahmen des Schwerpunktprogramms SPP 1144 „Vom Mantel zum Ozean: Energie-, Stoff- und Lebenszyklen an Spreizungsachsen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das seit 2003 läuft und bis 2009 finanziert wird, nimmt Strauß an der Untersuchung zweier Felder von Schwarzen Rauchern teil. Das Logatchev-Hydrothermalfeld, 1994 von einer russischen Expedition entdeckt, liegt bei 15 Grad nördlicher Breite, ungefähr auf der Höhe von Martinique und den Kapverdischen Inseln. Das zweite Zielgebiet mit einer Gruppe von Hydrothermalfeldern liegt zwischen fünf und zehn Grad südlicher Breite, in der Nähe des britischen Militärstützpunktes Ascension Island. Alle bisher gefundenen hydrothermalen Quellen liegen auf dem so genannten Mittelatlantischen Rücken, einem untermeerischen Gebirge im Atlantik, das Teil eines rund 60000 Kilometer langen Netzwerks mittelozeanischer Rücken ist. An ihnen sind weltweit bisher gut 200 aktive Hydrothermalsysteme gefunden worden.

„Die tiefen Ozeane sind eigentlich eine Wüste, in der es kaum Nahrungsquellen gibt. Die Hydrothermalsysteme wirken da als Oasen, an denen sich vielfältige Lebensgemeinschaften ansiedeln können. Doch wie kommen sie von einem Schwarzer Raucher zum nächsten? Welche Stoffe werden durch die Hydrothermalsysteme in den Kreislauf der Ozeane eingebracht? Und wie ist die Energiebilanz? Das alles sind Fragen, die wir mit unseren Forschungsfahrten beantworten wollen“, erklärt Strauß.

Mindestens einmal im Jahr wird jedes der beiden Zielgebiete unter Federführung des Leibniz-Institutes für Meereswissenschaften an der Universität Kiel (IFM-GEOMAR) angefahren. Vier Wochen war Strauß im November unterwegs, um das Logatchev-Feld gemeinsam mit seinem Doktoranden Marc Peters und seiner Master-Studentin Charlotte Ockert unter die Lupe zu nehmen. Insgesamt 23 Wissenschaftler, darunter auch Briten, Russen und Chinesen, waren diesmal unterwegs. Erstmals an Bord war auch der Rockdrill 2 des British Geological Survey. Dieses Bohrgerät ermöglichte es zum ersten Mal, ein dreidimensionales Bild der Hydrothermalsysteme auch unterhalb des Meeresbodens zu erhalten. „Bei den Bohrungen von Bohrschiffen aus gehen die oberen Meter des Meeresbodens häufig verloren, die uns interessieren und die wir mit dem Rockdrill jetzt nach oben holen konnten.“

Die jeweils 1,5 Meter langen Bohrkerne wurden noch an Bord zwecks Archivierung geteilt und ausgewertet. Das Interesse von Strauß galt dabei vor allem der Frage, wo die Elemente, die von den Hydrothermalquellen ausgestoßen werden, herkommen. Existierende Bilanzierungen des Schwefelkreislaufes vernachlässigten bisher die Rolle der Hydrothermalfelder an mittelozeanischen Rücken. „Dabei ist es wichtig, zu wissen, ob die Schwarzen Raucher das Meerwasser nur recyclen oder ob zusätzlich Elemente aus dem Erdmantel in den Stoffkreislauf gebracht werden“, so Strauß.

Um das zu klären und die kurze Zeit an Bord effektiv zu nutzen, arbeitete das münstersche Team Tag und Nacht: „Es gibt immer was zu entdecken und immer was zu tun. Schlafen kann man auch noch am Ende des Monats.“

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Prof. Dr. Harald Strauß Universitaet Muenster

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