In der "Weltgeschichte der Schneeflocke" fällt keine Form zweimal vom Himmel

Wissenschaftler des Instituts für Meteorologie der Universität Leipzig erforschen den Niederschlag, um Radargeräte „klüger“ zu machen. Dabei teilen Sie die Tropfen und Kristalle in 80 verschiedene Größen ein.

Immer im Advent bricht das Dekorationsfieber aus und neben allerlei Weihnachtsutensilien holt mancher seine Elektro-Schneekristalle aus den Kisten. „Haben Sie schon mal bemerkt, wie viele davon völlig falsch aussehen?“, amüsiert sich Prof. Dr. Gerd Tetzlaff, Direktor des Instituts für Meteorologie der Universität Leipzig und stellt klar: „Alle Schneekristalle sind in ihrer Grundstruktur sechseckig. Da gibt es keine Ausnahme. Dies liegt in der Kristallsymmetrie begründet“.

Was nicht heißt, dass diese winzigen weißen Wunderwerke Monotonie aufkommen lassen. „In der ’Weltgeschichte der Schneeflocke’ fällt keine Form zweimal vom Himmel,“ erläutert PD Dr. Werner Schmitz vom Institut für Mineralogie, Kristallographie und Materialwissenschaft der Universität Leipzig. „Zu vielfältig sind die Varianten, in denen sich die unterkühlten Wolkentröpfchen an ihren sogenannten Gefrierkernen anlagern können.“ Je nach der in der Höhe vorherrschenden Temperatur bilden sich Nadeln, Plättchen, Säulen oder filigrane ’Bäumchen’. Die entstehenden Einkristalle sind anfangs nur einen Zehntel Millimeter groß. Doch irgendwann sind sie schwer genug, fallen und wachsen auf ihrem Weg nach unten durch die Luftfeuchtigkeit immer weiter an, bis die bekannte sechseckige Form für das bloße Auge sichtbar wird. Liegt die Lufttemperatur nahe am Gefrierpunkt, werden die Kristalle durch Wassertröpfchen aneinandergeklebt – und avancieren zu Schneeflocken.

Eigentlich ist Schnee nicht weiß, sondern durchsichtig. Nur weil die Masse der Eiskristalle wie eine Schicht aus Millionen Prismen funktioniert und demzufolge das Licht immer wieder zurückwirft, erstahlt es weiß. „Das wäre nicht anders, wenn man eine durchsichtige Glasscheibe fein zermahlen würde“, erläutert Dr. Schmitz die einfache Ursache der weißen Pracht. (Seit Tipp: Schon das simpelste Mikroskop eröffnet dem Neugierigen die Zauber-Welt der Schneekristalle, wenn man es an Schneefalltagen mit vor die Tür nimmt und vor dem Einfangen der Flocken gut durchkühlen lässt.)

An der Universität Leipzig ist gefallener Schnee derzeit kein Forschungsthema, wohl aber die Geschehnisse in der Wolke, die Entstehung des Niederschlags. „Uns beschäftigt derzeit die Fallgeschwindigkeit und die Größe der Niederschlagsteilchen, welche die Wolke verlassen“, erläutert Prof. Tetzlaff. „Dabei nehmen wir verschieden konstruierte mathematische Wolkenmodelle zu Hilfe. Die Beschreibung dieser Vorgänge – eine gewaltige Buchhalterei – ist wichtig für die Berechnung von zu erwartenden Niederschlagsmengen. Zwar können Meteorologen schon lange mit Hilfe von Radargeräten Wolken vermessen. Aber das vorliegende Radarsignal macht bislang recht ungenaue Aussagen über den realen Regen oder Schneefall. Mit unserem Forschungsprojekt, das beispielsweise 80 Teilchengrößen beim Niederschlag unterscheidet, ’lehren’ wir die Radargeräte ihre Messergebnisse besser zu interpretieren.“

Was jedermann zum Thema Schnee bewegt, ist aber vermutlich die Frage nach der weißen Weihnacht. Doch da heben die beiden Experten sie Hände und meinen, dass man frühestens zehn Tage vorher die ersten noch ungenauen Prognosen anstellen kann. „Die Wahrscheinlichkeit, dass genau in unserer Gegend feuchte Tropik-Luft und eisiger Polarluft aufeinandertreffen und wir auch noch auf der kalten Hälfte dieses Zusammentreffens liegen, ist sehr gering“, erläutert Prof . Tetzlaff. Auf den Wiesen mitteldeutscher Städte liegt bestenfalls aller sechs bis sieben Jahre am Heiligabend eine Schneedecke. Von der beliebten These, früher sei der Winter kälter, der Schnee häufiger und das Weihnachtsfest immer glitzernd gewesen halten beide nicht viel. „Das ist eine Verklärung der Kindheitserinnerungen. Zwar ist der vieldiskutierte Treibhauseffekt unumstritten. Aber neben vielen nachweisbaren Veränderungen hat sich die Häufigkeit von Schnee zu Weihnachten bislang noch nicht dramatisch verringert.“

weitere Informationen:
Prof. Gerd Tetzlaff
Telefon: 0341 97-32850
E-Mail: tetzlaff@uni-leipzig.de

PD Dr. Werner Schmitz
Telefon: 0341 – 97 36 266
E-Mail: schmitz@rz.uni-leipzig.de

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Dr. Bärbel Adams idw

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