Eine Antwort auf den "Metallhunger" der Welt

„Wir wollen auf schwach kontaminierten Böden den Weizen früher als erst in tausend Jahren ernten können“, nennt Prof. Dr. Georg Büchel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena das Ziel. Ausgehend von einem Versuchsfeld im Areal des einstigen Uranbergbaus der Wismut bei Gera entwickeln Büchel und sein Team Modelle, die sich auf Bergbaufolgelandschaften weltweit übertragen lassen.

Der Jenaer Lehrstuhlinhaber für Angewandte Geologie spricht insbesondere zwei Problemfelder an: „Es geht darum, die ungezielte Verlagerung der Schwermetalle in die Pflanze und ins Grundwasser zu verhindern.“ Die Jenaer Geowissenschaftler untersuchen, wie diese Prozesse bisher verlaufen, um moderierend eingreifen zu können.

Die Mechanismen, die zur Bodenkontamination führen, sind generell dieselben: Gesteine werden durch den Bergbau an die Oberfläche befördert und oxidieren dort. Dabei werden die im Erz enthaltenen Schwefelverbindungen, die Sulfide, frei und oxidieren zu Sulfaten. Sich dabei bildende Säure löst die natürlicherweise im Boden enthaltenen Schwermetalle und vergiftet so die Umgebung. Wegen des hohen mobilen Schwermetallgehalts sind die Böden auf lange Zeit verseucht, natürliche Regenerationsprozesse dauern viele hundert Jahre. Mit Hilfe von „Energiepflanzen“ – wie Raps, Klee, Sonnenblumen und Mais – sollen die Böden nun schneller dekontaminiert werden. Die Wissenschaftler sprechen von Phytoremediation – das ist der gezielte Einsatz von Pflanzen, um Schadstoffe aus Böden, Wasser oder Sediment zu extrahieren oder zu stabilisieren. „Die Schadstoffe lagern sich in den Pflanzen an und werden dann zusammen mit der Biomasse verbrannt“, sagt Dr. Dirk Merten, der gemeinsam mit Prof. Büchel das Projekt KOBIOGEO leitet. KOBIOGEO steht für Kontrolle biologischer Untersuchungen bei der Dekontamination heterogener, schwach radioaktiv kontaminierter Geosubstrate für die Strahlenschutzvorsorge. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und läuft bis Ende August 2008.

Die Hinterlassenschaften des Uranbergbaus bei Gera und Ronneburg sind ein kleines Areal mit einer vergleichsweise geringen Kontamination, in dem heilende Eingriffe wünschenswert und notwendig sind. „Der weltweit steigende Bedarf an Metallen erhöht die Bedeutung unseres Projekts“, sagt Georg Büchel. Im vergangenen Jahr seien weltweit 38 Milliarden US-Dollar in die Erschließung und Erweiterung von Bergwerken und Tagebauen geflossen. Darunter in solch gigantische Anlagen wie die Kupfermine in Chuquicamata in der Atacamawüste im Norden Chiles, die sich über eine Fläche von 13.000 Quadratkilometer erstreckt.

Auf dem 50 mal 50 Meter großen Testfeld bei Gera und im Labor erproben die Geowissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität eine Doppelstrategie: Sie steuern die Schwermetallaufnahme in die Pflanze und erhöhen den Biomasseanteil. „Zum Einsatz kommen auch Streptomyceten, das sind Bodenbakterien, die mit den Schwermetallbelastungen klarkommen“, sagt Dirk Merten. Mit Hilfe der Bakterien vermindern die Forscher den „Schwermetallstress“ der Pflanzen, die so besser gedeihen. Weil beim Verbrennen der Energiepflanzen die Metalle in der Asche zurückbleiben, wollen die Jenaer Geowissenschaftler mit der TU Dresden kooperieren. Schon jetzt arbeiten sie mit Prof. Dr. Erika Kothe vom Institut für Mikrobiologie der Jenaer Universität und dem inzwischen pensionierten Botaniker Hans Bergmann zusammen, deren Fachwissen unverzichtbar ist.

Im März 2008 präsentieren Büchel und sein Team erste Ergebnisse auf der Hannover-Messe. „Wir suchen europäische Partner, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis zu überführen“, sagt Büchel.

Kontakt:
Prof. Dr. Georg Büchel / Dr. Dirk Merten
Institut für Geowissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Burgweg 11, 07749 Jena
Tel.: 03641 / 948621 oder 948616
E-Mail: Georg.Buechel[at]uni-jena.de / Dirk.Merten[at]uni-jena.de

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Stephan Laudien idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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