Rausschmiss für HIV: Grundstein für neuartige Therapie gelegt

Teufelskreis unterbrochen: Im Bild dargstellt ist die Funktionsweise der neuentwickelten Methode. Nachdem der HI-Virus die gesunde Zelle befallen hat (Bild 1), integriert er sein Erbgut in das Zellgenom und wird reproduziert. Die neugezüchtete Tre-Rekombinase erkennt die HIV-Sequenz im Zellgenom und schneidet es wie eine molekulare Schere heraus (Bild 2). Übrig bleibt eine Wirtszelle ohne HIV-Genom im Zellkern (Bild 3). Bild: Buchholz / Hauber

Eine HIV-Infektion lässt sich bislang nicht heilen. Die derzeitigen Therapien, die von HIV-Positiven lebenslang einnehmen müssen, verzögern nur den Ausbruch von AIDS. Sie können das Virus aber nicht aus infizierten Zellen entfernen. Das haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden (MPI-CBG) und des Hamburger Heinrich-Pette-Instituts für Experimentelle Virologie und Immunologie (HPI) jetzt erstmals geschafft. Sie entwickelten ein spezielles Enzym, um das Erbgut eines HI-Virus aus der DNA der Zelle herauszutrennen, und unbrauchbar zu machen. (Science, 29. Juni 2007)

Das HI-Virus schmuggelt sein Erbgut in die DNA von körpereigenen Zellen. Nach diesem Bauplan produzieren Immunzellen dann neue Erreger und sorgen so für ihren eigenen Untergang. Den Forschern um Joachim Hauber vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg und Frank Buchholz vom Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden gelang es jetzt erstmals, das HIV-Erbmaterial wieder aus dem menschlichen Erbgut herauszuschneiden. „Wir wurden das Virus in den Zellen wieder los, das hat bisher noch keiner geschafft“, sagen die Wissenschaftler. Dazu wurde mit Hilfe der Gentechnik eine spezielle Rekombinase hergestellt, ein Enzym, das wie eine molekulare Schere arbeitet.

Rekombinasen spalten und organisieren DNA-Sequenzen neu. Natürlich vorkommende Rekombinasen eignen sich jedoch nicht, um die Gene des Virus aus dem menschlichen Erbgut herauszuschneiden. „Sie funktionieren nur bei den für sie angepassten Basenabfolgen“, sagt Buchholz. „Daher haben wir eine Rekombinase hergestellt, die das HIV-Erbgut erkennt und gezielt entfernt.“

Die Molekularbiologen züchteten die molekulare Schere für das HIV-Genom mit Hilfe der Evolution: Sie gingen dabei von einer ursprünglichen Rekombinase aus, die nur bestimmte DNA-Sequenzen erkennt und schneidet. „Dieses Enzym, Cre, erkennt eine Sequenz, die dem HIV-Erbgut nur entfernt ähnlich ist“, erklärt Hauber. Daraus züchteten sie in über 120 Generationen das HIV-spezifische Enzym Tre heran.

„Obwohl Tre bisher nur in menschlichen Zellkulturen getestet wurde, schafft unser neuer Ansatz die technische Grundlage um das Virus später einmal aus Patienten zu entfernen, die mit HIV infiziert sind“, sagt Hauber. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. „Wir werden jetzt erst einmal das Enzym verbessern und dann prüfen, wie effektiv und sicher wir die Rekombinase in die infizierten Zellen des menschlichen Körpers einbringen können“, ergänzt Buchholz.

Originalveröffentlichung:

Indrani Sarkar, Ilona Hauber, Joachim Hauber, Frank Buchholz
HIV-1 Proviral DNA Surgery With an Evolved Recombinase
Science, 29. Juni 2007

Media Contact

Dr. Bernd Wirsing Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.mpg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Der Klang der idealen Beschichtung

Fraunhofer IWS transferiert mit »LAwave« lasergestützte Schallanalyse von Oberflächen in industrielle Praxis. Schallwellen können auf Oberflächen Eigenschaften verraten. Parameter wie Beschichtungsqualität oder Oberflächengüte von Bauteilen lassen sich mit Laser und…

Individuelle Silizium-Chips

… aus Sachsen zur Materialcharakterisierung für gedruckte Elektronik. Substrate für organische Feldeffekttransistoren (OFET) zur Entwicklung von High-Tech-Materialien. Wie leistungsfähig sind neue Materialien? Führt eine Änderung der Eigenschaften zu einer besseren…

Zusätzliche Belastung bei Knochenmarkkrebs

Wie sich Übergewicht und Bewegung auf die Knochengesundheit beim Multiplen Myelom auswirken. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert ein Forschungsprojekt der Universitätsmedizin Würzburg zur Auswirkung von Fettleibigkeit und mechanischer Belastung auf…

Partner & Förderer