Unsichtbarer Schutzschild: Bakterien aus ariden Regionen machen Weizen ertragssicherer

Bei hohen Temperaturen und wenig Regen, leiden unsere Nutzpflanzen unter Trockenstress. So auch Weizen, der hier als Versuchspflanze genutzt wurde. (Bildquelle: © jupiter55/iStock/Thinkstock)

Die Mikroorganismen-Gemeinschaften, die sich im Boden rund um die Wurzeln von Pflanzen befinden, in der sogenannten Rhizosphäre, können diese schädigen aber auch förderlich für die Gesundheit und das Wachstum der Pflanzen sein. Ein internationales Forscherteam nutzte dieses altbekannte Wissen, um zu testen, ob Bakterien aus extrem trockenen Standorten Weizenpflanzen (Triticum aestivum) helfen können, Trockenheit besser zu überdauern. Die Idee ist einfach: Wenn diese Bakterien sich im Laufe der Evolution an die trockenen Standorte angepasst haben und dort Pflanzen als unsichtbare Helfer dienen, dann könnten sie dies auch bei Nutzpflanzen in unseren Breiten tun.

Trockentolerante Bakterien als Helfer

Die Wissenschaftler sammelten dazu mehrere Boden-Bakterienstämme aus verschiedenen ariden Regionen der Welt. Diese Stämme siedelten sie auf Weizenkörnern an. Nachdem die Samen keimten und die Pflanzen zu wachsen begannen, simulierten die Forscher eine Dürre und beobachteten, wie sich die mit „fremden“ Bakterien besiedelten Pflanzen, im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne Bakterien, entwickelten. Die Weizenpflanzen mit neuen Mikroben zeigten eine fünffach höhere Überlebensrate und bildeten unter diesen widrigen Umständen fast bis zu 80 Prozent mehr Biomasse.

Die untersuchten Bakterienstämme stammten nicht nur aus unterschiedlichen Regionen, sondern auch aus der Rhizosphäre unterschiedlicher Pflanzenarten: Von Wildgerste (Hordeum spontaneum) aus Israel, von der Gelb-Kiefer (Pinus ponderosa) aus Arizona in den USA und von Reis (Oryza sativa) aus Ägypten. Ihnen gemeinsam ist, dass sie alle unter extrem trockenen Bedingungen wachsen. Über Millionen von Jahre koevolvierten die Bakterien mit den Pflanzen und halfen diesen, gegen die Umwelteinflüsse besser gewappnet zu sein. Für die im Experiment verwendete Weizenlinie waren die Bakterienstämme Bacillus thuringiensis AZP2 aus Arizona und Paenibacillus polymyxa B aus Ägypten am wirksamsten, da hier die Überlebensraten am höchsten waren.

Bakterieller Biofilm hält das Wasser

Die Forscher entdeckten, dass die Bakterien eine Schutzschicht, einen Biofilm, um die Wurzelhaare bildeten. Durch die Bakterien bildeten die Weizenpflanzen im Experiment nicht nur mehr, sondern auch dickere und längere Seitenwurzeln und zwei bis dreifach längere Wurzelhaare. Dadurch konnten sie Wasser aus tieferen Bodenschichten aufnehmen. Durch den Biofilm konnten die Pflanzen zudem effizienter mit dem verfügbaren Wasser haushalten. Dieser schützt die Pflanzen zusätzlich bei Dürre.

Neue Methode zur Stress-Analyse

Verglichen mit den Kontrollpflanzen ohne Bakterien, hatten die Pflänzchen mit Bakterien eine höhere Photosyntheseleistung. Dies ist neben der sichtbar höheren Überlebensrate und dem besseren Wachstum ein klares Zeichen, dass die Bakterien den Pflanzen bei Trockenstress helfen, denn normalerweise vermindert sich die Photosyntheseleistung bei Trockenheit. Gleichzeitig verströmten diese weniger flüchtige organische Verbindungen (engl. volatile organic compounds, VOC). Diese Stoffe werden von Pflanzen unter Stress vermehrt ausgesendet. Einige dieser VOCs werden ausschließlich unter Stress gebildet. Die Forscher stellten fest, dass die geringere Aussendung von VOCs mit einer höheren Photosyntheseleistung und einer höheren Überlebensrate signifikant miteinander in Beziehung steht.

Im Experiment nutzten die Forscher diese leicht flüchtigen Verbindungen, um die positive Wirkung der Bakterien auf die Pflanzen zusätzlich zu bestätigen. Senden die Pflanze weniger leicht flüchtige Verbindungen aus, war dieser Bakterienstamm für den Weizen ein nützlicher Partner im Kampf gegen die Trockenheit. So könnte künftig schnell anhand der VOCs identifiziert werden, ob ein Bakterienstamm ein geeigneter Helfer ist.

Die Wissenschaftler schlagen zudem vor, diese VOCs künftig gezielt zu nutzen, um zu erfahren, wie gestresst Pflanzen sind, bevor eine sichtbare Schädigung eintritt. Sie identifizierten drei Stoffe als vielversprechende Kandidaten für ein solches Monitoring. Denn kann man frühzeitig den Stress-Level der Pflanzen erfassen, können Gegenmaßnahmen eingeleitet werden bevor sichtbare und irreparable Schäden auftreten. Damit sich diese neuartige Methode auch für die praktische Landwirtschaft  eignet, müssen Geräte, die in der Lage sind, diese kleinen Mengen an flüchtigen Verbindungen im Feld zu analysieren, preiswerter und robuster werden. Derzeit sind diese einfach noch zu teuer für die Anwendung in der Landwirtschaft. Für die Forscher ist es aber nur noch eine Frage der Zeit, bis dies möglich wird. 

Bakterien als kostengünstige Unterstützung

In Zeiten des Klimawandels häufen sich auch Wetterextreme wie Dürreperioden. Wasser wird in einigen Regionen der Welt zu einer noch wertvolleren Ressource. Der gezielte Einsatz von Bodenbakterien könnte zur Unterstützung aufwändiger züchterischer Veränderungen von Nutzpflanzen eine kostengünstige und einfache Alternative sein, um Nutzpflanzen besser für den Klimawandel zu wappnen. Es ist jedoch noch weitere Forschung nötig, um Bakterien gezielt in der landwirtschaftlichen Praxis als Helfer gegen Trockenheit einsetzen zu können und die pflanzlichen Stresssignale frühzeitig zu erkennen.  

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Timmusk, S. et al. Pflanzenforschung.de

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