Institut Arbeit und Technik nennt Daten und Fakten zur Debatte über Arbeitszeitverlängerung

Längere Arbeitszeiten erhöhen die Arbeitslosenzahlen und bremsen den Produktivitätsanstieg

Tatsächlich sind die Arbeitszeiten von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland seit Mitte der 90er Jahre wieder länger geworden und liegen im Durchschnitt rund zweieinhalb Stunden über dem Tarifniveau. Die vermeintlichen deutschen „Freizeitweltmeister“ arbeiten laut EU-Statistik im Schnitt rund 40 Wochenstunden und liegen damit exakt im EU-Mittelfeld. „Längere Arbeitszeiten würden in Deutschland derzeit lediglich die Arbeitslosenzahlen erhöhen und den Anstieg der Arbeitsproduktivität verlangsa-men“, stellt der Arbeitszeit-Experte Dr. Steffen Lehndorff vom In-stitut Arbeit und Technik (AT/Gelsenkirchen) zur aktuellen Debat-te um Arbeitszeitverlängerungen fest.

Auch mit Blick auf die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft sei der Sinn noch weiter verlängerter Ar-beitszeiten in Deutschland nicht nachvollziehbar. Lehndorff: „Länder wie Frankreich oder die Niederlande haben deutlich kür-zere Arbeitszeiten als Deutschland. Die Arbeitszeitverkürzung hat den französischen Vollzeitbeschäftigten eine Durchschnittsarbeits-zeit von weniger als 38 Wochenstunden beschert, während die britische Überstundenkultur zu Wochenarbeitszeiten von über 43 Stunden führt.“ Doch länger arbeiten heiße nicht besser arbeiten: Die Arbeitsproduktivität pro Stunde liegt gemessen am EU-Durchschnitt (= 100) in Groß-Britannien bei lediglich 85,5, in Deutschland bei 106,8 und in Frankreich bei 117,9. „Kurze Ar-beitszeiten sind eine Produktivitätspeitsche für die Unternehmen, während lange Arbeitszeiten nur einen Anlass zur Zeitver-schwendung geben“, so Lehndorff.

Ein ganz leichter Rückgang der Wochenarbeitszeiten ist erst seit 2001, dem Beginn der gegenwärtigen wirtschaftlichen Stagnati-onsphase, zu beobachten. Wenn in dieser konjunkturellen Situa-tion Arbeitszeitverlängerungen gefordert werden, stelle sich die Frage, ob die Arbeitszeiten etwa „gegen den Markt“ verlängert werden sollen. Da die in der längeren individuellen Arbeitszeit zusätzlich erzeugten Güter angesichts der Binnenmarktschwäche keine Abnehmer fänden, wäre eine weitere Zunahme der Ar-beitslosenzahlen programmiert. Auch wenn versucht werde, die Löhne durch die Hintertür von Arbeitszeitverlängerungen zu sen-ken, würde sich an dieser Problematik nichts ändern.
Weitere Informationen im Internet:
http://iat-info.iatge.de/iat-report/2003/report2003-07.pdf

Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:
Dr. Steffen Lehndorff, Durchwahl: 0209/1707-146

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Claudia Braczko idw

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