Sicher mit Robotern zusammenarbeiten

Mit Hilfe von Kamerasystemen scannt die Software »Link4Save« die Produktionshalle und kann bei kritischen Situationen Roboter sofort stoppen. © Fraunhofer IDMT<br>

Roboter übernehmen in der industriellen Fertigung immer mehr Aufgaben: Sie schweißen und schrauben Bauteile millimetergenau zusammen, transportieren tonnenschwere Werkstoffe oder verpacken, palettieren und stapeln die fertigen Produkte. Auch ihre Anzahl nimmt stetig zu.

Deutschland gehört mittlerweile – zusammen mit Japan und Südkorea – zu den Ländern mit der weltweit höchsten Roboterdichte. In den Fabrikhallen wird der Platz immer enger: Elektronische Arbeitsmaschinen und das zuständige Fachpersonal an Montagebändern und Roboterstraßen kommen sich zunehmend in die Quere. Das führt zu einem erhöhten Unfallrisiko für die Beschäftigten.

Schwer einsehbare Arbeitsbereiche oder tote Winkel bergen dabei das größte Gefahrenpotential. Gefragt sind deshalb Sicherheitssysteme, die auch bei zunehmender Roboteranzahl und Arbeitsgeschwindigkeit für mehr Schutz der Mitarbeiter sorgen.

Software verhindert Arbeitsunfälle und unnötige Produktionsstopps

Forscher vom Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau stellen auf der Hannover Messe Digital Factory die aktuelle Version ihrer »4Save«-Technologien vor (Halle 7, Stand B10). Das Institut hat diese gemeinsam mit Thüringer Unternehmen im Verbundprojekt »BildRobo« des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) entwickelt. Es besteht aus dem Simulations-Tool »Sim4Save«, der Softwareplattform »Link4Save« und dem neuen Überwachungssystem »Eye4Save« des Zentrums für Bild- und Signalverarbeitung e.V. Ilmenau (ZBS). »Das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern gleichzeitig auch die Effizienz von robotergestützten Arbeitsplätzen. Arbeitsunfälle oder unnötige Produktionsstopps können damit auf ein Minimum reduziert werden«, fasst Peter Pharow, Leiter der Gruppe »Data Representation and Interfaces« am IDMT und Mitentwickler der »4Save«-Technologiebausteine, die Vorteile zusammen.

Kern des Sicherheitssystems ist die Softwareplattform »Link4Save«. Sie wertet Signale von angeschlossenen visuellen, akustischen oder taktilen Überwachungssystemen in Echtzeit aus und stoppt die Maschinen bei kritischen Situationen, noch bevor es zu einer Kollision kommt. Denn oft sind es schon kleine Unachtsamkeiten, wie Stolpern, die zu schweren Unfällen mit Robotern führen können. Das System kontrolliert genau, wie sich die einzelnen Maschinen bewegen, und schreitet ein, wenn der Sicherheitsabstand zwischen Mensch und Roboter unterschritten wird. Die Reaktion reicht in Abhängigkeit von Kraft und Geschwindigkeit der arbeitenden Maschine von akustischen Warnsignalen über ein Verlangsamen der Prozesse bis hin zum sofortigen Stopp des Roboters.

Es berücksichtigt unter anderem die Daten aus dem neuen visuellen Überwachungssystem »Eye4Save«. »Eye4Save« nutzt die Bilder von synchronisierten Stereokameras, um Objekte in Räumen dreidimensional zu erfassen. In der aktuellen Konfiguration werden vier Stereokamerapaare eingesetzt, die in den Raumecken montiert sind und den Raum aus einer schrägen Aufsicht heraus beobachten. In einem initialen Einmessvorgang werden die Stereokamerapaare sowohl geometrisch als auch bezüglich der Farbe kalibriert. Als Hilfsmittel dient dabei unter anderem ein Miniaturspektrometer des ZBS, das ebenfalls auf der Messe vorgestellt wird.

Kamerasystem erfasst auch verdeckte Objekte

In Analogie zum menschlichen räumlichen Sehen werden aus jedem der Stereokamerapaare für die jeweilige Perspektive Tiefeninformationen gewonnen. Die Wahrnehmung von Objekten im Raum beruht auf der Analyse dieser Tiefeninformationen in Kombination mit den aufgenommenen Farbwerten. Als Referenz dient ein im Vorfeld für jedes Stereokamerapaar angelerntes distanzbasiertes und farbadaptives Hintergrundmodell. Die aus den verschiedenen Perspektiven erkannten Vordergrund-Objekte werden zusammengeführt und in Form ihrer visuellen Hüllen dreidimensional abgebildet. »Je mehr Kameras ein Objekt sehen, umso mehr nähern sich die Hüllen der tatsächlichen Objektform an. Im Zweifelsfall – also dann, wenn eine Kamera ein Objekt nicht komplett sieht, da es durch andere Objekte verdeckt wird – bleibt die Hülle entsprechend groß. Das bedeutet, dass Verdeckungen immer zu Gunsten der Sicherheit behandelt werden«, erklärt Daniel Kapusi vom ZBS, das mit dem IDMT kooperiert.

Die optimale Anzahl der Kameras- und Sensoren sowie deren ideale Position und Ausrichtung werden mit Hilfe des Simulations-Tools »Sim4Save« interaktiv ermittelt. Dieses Werkzeug simuliert die Werkhalle dreidimensional und sorgt für eine optimale Ausstattung des gesamten Arbeitsbereichs mit Sicherheitstechnik. »Oft behindern verdeckte Objekte oder zu hohe Entfernungen die Qualität der Kameraaufnahmen. Diese Situationen werden bei der Simulation berücksichtigt. Mit ›Sim4Save‹ gehören tote Winkel oder schlecht einsehbare Arbeitsbereiche der Vergangenheit an«, ergänzt Pharow.

Die »4Save«-Technologien können sowohl im Verbund als auch einzeln eingesetzt werden. Während Architekten und Planer neuer Werkhallen »Sim4Save« als separate Dienstleistung nutzen können, arbeitet die Plattform »Link4Save« auch ohne die weiteren Elemente der »4Save«-Toolbox, nicht aber ohne vorgeschaltete Sensorik. »Eye4Save« kann an »Link4Save« gekoppelt, aber auch plattformunabhängig betrieben werden.

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