Europäische Geldpolitik zu zögerlich, DIW Berlin fordert Zinssenkung auf 2,5%

Die Zinssenkungen der EZB in den vergangenen sechs Monaten auf 3,25 % bezeichnet das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht 49/2001 als zu zögerlich. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit im Euroraum und der moderaten Lohnentwicklung hätte die EZB schneller und stärker auf die sich abkühlende Binnennachfrage reagieren müssen. Schließlich kommt der Geldpolitik eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung zu – insbesondere mit Blick auf den weltweit zu beobachtenden synchronen Abschwung. Das DIW Berlin fordert eine weitere Zinssenkung auf 2,5 %.

Expansiv wirkt derzeit der reale Außenwert des Euro. Er ist nach wie vor unterbewertet, so dass die preisliche Wettbewerbsfähigkeit von Produkten, die im Euroraum hergestellt werden, hoch ist. Allerdings nimmt der reale Außenwert des Euro seit dem Herbst 2000 zu; die reale effektive Aufwertung beträgt seither 8 %.

Die Geldmengenentwicklung scheint auf den ersten Blick expansiv zu sein. Die Geldmenge M3 nahm im Oktober 2001 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7,4 % zu, doch dürften dafür vor allem kurzfristige Einflüsse verantwortlich sein. Laut DIW Berlin kam es als Folge der Aktienmarktflaute seit Jahresbeginn und als Reaktion auf die gestiegene Unsicherheit über die künftige wirtschaftliche Entwicklung nach den Terroranschlägen vom 11. September zu Portfolioumschichtungen in den Kurzfristbereich. Diese Umschichtungen dürften nur temporärer Natur sein. Mit Überwindung der Börsenflaute dürfte es zu Umschichtungen in die Gegenrichtung kommen, und die Ausweitung von M3 dürfte sich entsprechend verlangsamen. Die Geldmengenentwicklung deutet nicht auf den Aufbau eines Inflationspotentials hin.

Auch aufgrund der moderaten Lohnentwicklung und der noch immer hohen Arbeitslosigkeit im Euroraum befürchtet das DIW Berlin keine inflatorische Überhitzung im Falle einer weiteren Zinssenkung. Im Gegenteil: Trotz einer konjunkturellen Belebung im kommenden Jahr wird sich dann eine deutliche Produktionslücke auftun. Mit einer Zinssenkung könnte die EZB die gesamtwirtschaftliche Nachfrage beleben und so die Produktion anregen, ohne die Preisstabilität zu gefährden.

Media Contact

Dipl.Volkswirtin Dörte Höppner idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Wirtschaft Finanzen

Aktuelle und interessante Meldungen und Entwicklungen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem bietet Ihnen der innovations-report Berichte aus den Teilbereichen: Aktienmärkte, Konsumklima, Arbeitsmarktpolitik, Rentenmarkt, Außenhandel, Zinstrends, Börsenberichte und Konjunkturaussichten.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Das Mikrobiom verändert sich dynamisch und begünstigt wichtige Funktionen für den Wirt

Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Kieler SFB 1182 untersucht am Beispiel von Fadenwürmern, welche Prozesse die Zusammensetzung des Mikrobioms in Wirtslebewesen steuern. Alle vielzelligen Lebewesen – von den einfachsten tierischen und…

Wasser im Boden – genaue Daten für Landwirtschaft und Klimaforschung

Die PTB präsentiert auf der Woche der Umwelt, wie sich die Bodenfeuchte mithilfe von Neutronenstrahlung messen lässt. Die Bodenfeuchte hat nicht nur Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern ist als Teil…

Bioreaktor- und Kryotechnologien für bessere Wirkstofftests mit humanen Zellkulturen

Medizinische Wirkstoffforschung… Viele Neuentwicklungen von medizinischen Wirkstoffen scheitern, weil trotz erfolgreicher Labortests mit Zellkulturen starke Nebenwirkungen bei Probanden auftreten. Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die verwendeten Zellen aus tierischem…

Partner & Förderer